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Teodor Currentzis von Wiener Festwochen ausgeladen
Aus Kultur-Aktualität vom 13.02.2024. Bild: KEYSTONE / DPA / Sebastian Gollnow
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Streit um Stardirigenten Wiener Festwochen laden griechisch-russischen Dirigenten aus

Milo Raus Pläne fallen ins Wasser: Die Wiener Festwochen haben den griechisch-russischen Dirigenten Teodor Currentzis und sein SWR Symphonieorchester ausgeladen. Der Grund: Currentzis hat sich nicht klar vom russischen Angriffskrieg distanziert.

Darum geht’s: Das interdisziplinäre Kunstfestival «Wiener Festwochen» hat den griechisch-russischen Dirigenten Teodor Currentzis und sein SWR Symphonieorchester ausgeladen. Der Schweizer Intendant der Wiener Festwochen, Milo Rau, wollte je ein Konzert mit Currentzis und mit der ukrainischen Dirigentin Oksana Lyniv im Verbund anbieten. Nun muss er auf diesen Plan verzichten.

Die Hintergründe: Currentzis ist schon länger eine umstrittene Person, weil er sich nicht zum Krieg in der Ukraine äussert. Weil er seine Musiker und Musikerinnen in Petersburg schützen wolle, wie es verschiedentlich heisst. Trotzdem wird er in ganz Europa als Dirigent eingeladen, zum Beispiel von der Elbphilharmonie Hamburg, von der Philharmonie Berlin und von den Salzburger Festspielen. Currentzis ist auch Chefdirigent des SWR Symphonieorchester. Der SWR habe nie eine Stellungnahme von ihm verlangt, so Musikredakteur Benjamin Herzog. Der SWR wolle damit Rücksicht auf die Konsequenzen nehmen, die ein solches Bekenntnis für Currentzis in Russland mit sich brächte.

Ein Mann Stützt sich mit der rechten Hand ab. Er trägt ein dunkelrotes T-Shirt.
Legende: Eine umstrittene Person? Der Dirigent Teodor Currentzis leitet das SWR Symphonieorchester Baden-Baden und Freiburg. Brill / ullstein / Getty Images

Milo Raus Idee hinter der Einladung: «Milo Rau ist ein Mann der Kontroverse», sagt Musikredaktor Benjamin Herzog. Das habe er als Theaterkünstler und Regisseur immer gezeigt. Kontroversen hat er auch als neuer Intendant der Wiener Festwochen mit seiner ersten Festivalausgabe geplant. Als er letztes Jahr gewählt wurde, meinte Rau, er wolle ein umstrittenes Theaterfest schaffen – ein vielstimmiges und kämpferisches Welttheater.

Ein Mann sitzt an einem Tisch. Er trägt einen hellblauen Pullover und gestikuliert. Er schaut nach rechts.
Legende: Intendant Milo Rau bei einem Interview mit der APA über des Programm der Wiener Festwochen 2024. APA / GEORG HOCHMUTH

Der Eklat: «Oksana Lyniv hat gesagt, sie wolle keinen Auftritt, der in Zusammenhang mit Currentzis steht», erklärt Benjamin Herzog. Sie befürchte, dass der Auftritt für Currentzis eine Entschuldigung oder Legitimation sein könnte. Lyniv und Currentzis hätten an zwei Konzerten je ein Requiem aufgeführt: Currentzis mit dem SWR Orchester das «War Requiem» von Benjamin Britten und Lyniv und das Sinfonieorchester von Kiew ein Requiem des ukrainischen Komponisten Yevhen Stankovych mit dem Titel «Babyn Jar». «Eine spannende Kombination», meint Benjamin Herzog.

Eine Frau, im Hintergrund Publikum. Die hält beide Hände nach oben und dirigiert.
Legende: Oksana Lyniv dirigiert die Prague Philharmonia beim «Prague Spring International Music Festival» 2023. IMAGO / CTK Photo

Der Grund für die kontroverse Einladung: «Milo Rau wollte, dass eine Debatte geführt wird», so der Musikredaktor. Zum Beispiel: Können ukrainische und russische Künstler und Künstlerinnen zusammenarbeiten, oder auch palästinensische Kunstschaffende mit Kunstschaffenden aus Israel? Darf ein Dirigent zu einer so wichtigen Sache wie dem Krieg schweigen? Mit welchen Gründen? «Letztlich geht es hier um die politische Verantwortung von Kunstschaffenden und den Wirkungsraum, den Kunst einnehmen kann oder soll», sagt Benjamin Herzog. Und für genau solche Fragen sei, so Milo Rau, ein Festival da. Besonders in der klassischen Musik würden solche strukturellen Debatten kaum geführt, erklärte Rau einmal.

So geht’s weiter: Für die Festwochen wird nun statt Brittens «War Requiem» mit Currentzis ein neues Musikstück geschrieben und aufgeführt. Das aktuelle und zeitgenössische Stück schreibt ein Schüler des Komponisten Yevhen Stankovych. «Das dürfte wiederum sehr spannend werden», sagt Benjamin Herzog.

Das sagt Milo Rau zu den Ereignissen

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Die kuratorische Entscheidung der Doppelprogrammierung mit Oksana Lyniv und Teodor Currentzis halte er nach wie vor für richtig und interessant, sagt der Intendant der Wiener Festwochen, Milo Rau. «Entscheidend ist aber, dass sich die Künstlerinnen und Künstler wohlfühlen.» Ihrem berechtigten Wunsch habe er sich als Kurator beugen müssen, sagt er.

Es sei nicht Oksana Lyniv alleine, die die Entscheidung vorangetrieben habe. Es seien viele Musikerinnen und Musiker aus der Ukraine involviert, die sich geweigert hätten, aufzutreten. «Sie leiden unter dem Krieg und haben natürlich eine Stimme. Wir mussten darauf Rücksicht nehmen», sagt der Intendant.

Obwohl der Auftritt von Teodor Currentzis mit dem SWR Symphonieorchester abgesagt ist, gehe die Debatte weiter: «Wie hängen Kunstpositionierung und Boykott zusammen? Welche Spannungen halten wir aus in diesem utopischen Raum? Welche sind tatsächlich menschlich nicht haltbar? Das sind Fragen, die die ganzen Festwochen bestimmen.»

Veranstaltungshinweis

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Die Wiener Festwochen beginnen am 17. Mai 2024.

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SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 13.2.2024, 8:15 Uhr;

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