Zum Inhalt springen

Missbrauch in Pennsylvania Was macht die katholischen Kirche gegen sexuellen Missbrauch?

Ein Untersuchungsbericht aus dem US-Bundesstaat Pennsylvania zeigt, wie Priester jahrzehntelang übergriffig gegenüber Kindern waren. Sie wurden gedeckt und geduldet. Was tut die Kirche in der Priesterausbildung, um dem vorzubeugen? Ein Gespräch mit Jesuitenpater Hans Zollner, der das «Center for Childprotection» in Rom leitet.

Zur Person

Box aufklappen Box zuklappen

Hans Zollner ist Jesuitenpater, Psychologe und Psychotherapeut. Er leitet an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom das «Center for Childprotection».

SRF: In Pennsylvania gab es sexuelle Übergriffe durch Priester, tausendfach, über Jahre. Was macht die katholische Kirche, damit wir in zehn Jahren nicht immer noch über weitere Enthüllungen reden? Was unternimmt sie zur Prävention bei der Ausbildung von Priestern?

Hans Zollner: Wir in unseren Kinderschutzzentrum an der Gregoriana bilden Priester aus, aber auch Leute, die dann ihrerseits später in den entsprechenden Ausbildungshäusern weltweit diese Themen setzen und auch weiterverfolgen.

Konkret haben wir zwei Programme hier im Zentrum in Rom und ein E-Learning Programm. Wir behandeln Fragen wie: Wie erkenne ich, dass ein Kind missbraucht worden ist? Was tue ich, um diesem Kind zu helfen? Wie muss ich den möglichen Täter behandeln? Welche Rechtsfolgen hat es? Wie kann ich Räume schaffen, in denen Kinder sicher sind – und viele weitere Fragen.

Aber die Frage ist doch: Wie gehen Priester in Ausbildung damit um, wenn sie selber solche Neigungen verspüren?

Wir wollen ja keine Leute ausbilden, die selber pädosexuelle Neigungen haben. Deshalb führen wir auch Persönlichkeit-Assessments durch, bevor wir die Leute annehmen.

In Assessments geht man darauf ein, ob es gravierende Persönlichkeitsstörungen gibt.

Ein Assessment – gibt es das auch, bevor jemand zum Priester geweiht wird?

In der heutigen Priesterausbildung in unseren Breiten werden Persönlichkeitsgutachten erstellt. Man schaut, ob es gravierende Persönlichkeitsstörungen gibt.

Man versucht herauszufinden, ob jemand in der Beziehungsfähigkeit Schwierigkeiten hat oder in seinem Umgang mit Emotionen und seiner Sexualität. Wenn das der Fall ist, dann werden diese Leute nicht zugelassen.

Im Moment herrscht zumindest in Westeuropa ein akuter Priestermangel. Wirkt sich das auf die Auswahlkriterien aus?

Die Kriterien sind festgelegt. Aber wie das jeweils gehandhabt wird, das kann ich natürlich nicht sagen.

Die Auswahlkriterien müssen strikt eingehalten werden. Sonst läuft man Gefahr, dass man Leute aufnimmt, die nicht geeignet sind.

Aber gerade, weil es weniger Kandidaten gibt, müssen die Kriterien umso strikter eingehalten werden. Sonst läuft man Gefahr, dass man Leute aufnimmt, die nicht geeignet sind und die im Priesterseminar eine Ausflucht suchen.

Noch eine grundsätzliche Frage: Für Gläubige ist der Priester eine enorme Respektsperson und gleichzeitig zwingt das Priesteramt zum Zölibat. Ist diese Verbindung von Macht und – nennen wir es – sexueller Frustration nicht grundsätzlich brandgefährlich?

Es ist offensichtlich über 2000 Jahre nicht brandgefährlich gewesen, weil die weitaus grösste Zahl von Priestern nicht sexuell übergriffig geworden sind.

Die Verbindung von Respekt, der Machtposition und der Übergriffigkeit bietet allerdings ein hohes Risiko. Deshalb muss man sehr genau schauen, dass nicht die falschen Leute kommen, die sich ausbilden lassen.

Das Gespräch führte Susanne Schmugge.

Meistgelesene Artikel