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Neues Sachbuch Wie die Schweiz zu ihrem Image als «Schoggiland» kam

Die Erfolgsgeschichte der Schweizer Schokolade ist Resultat von cleverem Marketing. In seinem neuen Sachbuch ergründet Dominik Flammer den Mythos hinter dem Symbol der Schweizer Identität.

Sennerinnen mit Ziegen vor Bergpanorama, Kühe auf grünen Weiden und Bernhardiner mit Schokoladentafeln um den Hals: So schön können die Alpen sein, zumindest in der Werbung, mit der Schweizer Schokoladenhersteller ab dem 19. Jahrhundert auf ihre Produkte aufmerksam machten. Erst in der Schweiz, später weltweit.

Werbeplakat mit Bernhardinerhund für Schokolade vor einer Berglandschaft.
Legende: Berge, Schnee und ein Bernhardiner mit Schoggi-Tafel um den Hals: So warb Suchard zu Beginn des 20. Jahrhunderts für seine Produkte. Fine Art Images/Heritage Images via Getty Images

Vorreiter dieser Marketingoffensive war der Neuenburger Schokoladenhersteller Philippe Suchard. Vermutlich hatte er diese Ideen von seinen Reisen in die USA mitgebracht, sagt Ernährungsforscher Dominik Flammer und Autor des Buchs «Schweizer Schokolade – Alpen, Milch und Pioniere».

Porträt eines älteren Mannes mit Bart.
Legende: Unter anderem dank dieses Herrn mit Rauschebart erlangte die Schweizer Schoggi Weltruhm: Philippe Suchard. IMAGO / Album

«Philippe Suchard hat seine Plakate weltweit vertrieben. Seine Werbung fuhr auf tausenden Trams in ganz Europa durch die Städte.» Mit dieser Strategie habe er für die Schweiz ein Alleinstellungsmerkmal kreiert: Schokolade mit Milch aus sauberer Alpenluft. Wer würde die nicht gerne essen?

Die Zielgruppe: Frauen, Kinder, Soldaten

Ausserdem legten die gewieften Schweizer Produzenten ihren Schokoladen aufwendig produzierte Sammelbildchen bei, um die Gunst der Kundinnen zu gewinnen, vor allem die Gunst von Frauen und Kindern.

Vintage-Werbung für Chocolat Sprüngli mit Frau und Kind.
Legende: Ein Werbeplakat von Sprüngli um 1890 – zielgruppengerecht inszeniert. Photo by Fine Art Images/Heritage Images via Getty Images

Denn bis 1900 waren Männer keine grossen Schokoliebhaber. «Männer haben Kaffee und Schnaps getrunken. Irgendwann haben die Armeen begonnen, Armeeschokolade zu beziehen. Die Schweiz hat dabei mitgemacht und fast alle Heere der Welt während des Ersten Weltkrieges mit Schokolade beliefert», erklärt Flammer.

Ganz nebenbei gewannen die Schweizer so auch die männliche Hälfte der Bevölkerung als potenzielle Kunden für ihre Produkte.

Vier Soldaten in Uniform lachen, einer hält einen Schokoriegel.
Legende: Nicht nur die Schweiz verstand geschicktes Marketing: Auch die amerikanische Schokoladenmarke Maillards Eagle Sweet Chocolate inszenierte ihr Produkt mit glücklichen Soldaten der National Guard. George Rinhart/Corbis via Getty Images

Ausschlaggebend für den Erfolg der Schweizer Schokolade war aber nicht nur geschicktes Marketing. Tatsächlich haben die Schweizer in Sachen Schokolade auch einiges erfunden: unter anderem die Conchiermaschine, mit der Schokolade deutlich zarter wird. Und die erste Milchschokolade überhaupt.

Die bittere Seite der Schweizer Schokolade

Dominik Flammer beleuchtet in seinem Buch zur Schweizer Schokoladengeschichte auch kritische Aspekte. Etwa die teils rassistische Werbung der Schokoladenfirmen bis in die 1960er-Jahre, in der Menschen aus den Kakaoanbaugebieten stereotyp dargestellt wurden.

Ein junge mit Schwarzer Haut klettert auf eine Palme.
Legende: Das Werbesujet von Maestrani aus dem Jahr 1937 arbeitete mit Stereotypien. Plakatsammlung der ZHDK, Chocolat Maestrani, St. Gallen, CH

Ihre Hochzeit erlebt die Schweizer Schokolade während der Blütezeit des Kolonialismus. Zumindest teilweise haben die Schweizer von diesen Strukturen profitiert. Das zeigt das Beispiel von Basler Missionaren in Westafrika, unterstützt von der britischen Kolonialmacht: «Es waren die Basler Missionare, die begonnen haben, erste Plantagen mit Kakao anzulegen. In der damaligen Region Goldküste, heute Ghana, und in der Region um die Elfenbeinküste. Heute sind diese beiden Länder die weltgrössten Kakaoproduzenten.»

Die Schweiz, ein Schokozwerg

Trotzdem wird bis heute eher die Schweiz als Schokoladenland wahrgenommen. Das zeigt, wie nachhaltig das Marketing der hiesigen Schokoladenhersteller das Bild der Schweiz geprägt hat. Und das, obwohl die Schweiz im internationalen Schokoladenmarkt ein Zwerg ist: «Hierzulande wird gerade einmal ein Prozent der weltweit konsumierten Schokolade produziert», erklärt Flammer.

Relativ wenig für ein Land, das so bekannt ist für seine «Schoggi».

Buchhinweis

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Dominik Flammer: «Schweizer Schokolade – Alpen, Milch und Pioniere». AT Verlag, 2025.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur aktuell, 23.12.2025, 7:06 Uhr

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