Mitte September wurde in Ghanas Hauptstadt Accra ein Minibus gestoppt. Sein Ziel war die Stadt Aflao, nahe der Grenze zu Togo. Der Verdacht bestätigte sich: In einem versteckten Fach wurden 16 Säcke Kakaobohnen entdeckt. Und: Dasselbe Fahrzeug und dieselben Fahrer waren bereits Anfang September abgefangen worden.
Insgesamt wurden in Ghana allein im September 350 Säcke mit geschmuggeltem Kakao beschlagnahmt. Gemäss offiziellen Angaben hat das Land seit 2021 fast eine Million Tonnen Kakao durch Schmuggel verloren. Das entspricht einem Warenwert von rund einer Milliarde Franken.
«Die Preisdifferenz zwischen Ghana und seinen Nachbarländern, verspätete Zahlungen und eine instabile Währung sind für den Schmuggel über die Grenzen verantwortlich», sagt Joseph Bandanaa. Er ist bei der Schweizer Plattform für nachhaltigen Kakao in Ghana verantwortlich. So lag im Oktober 2024 der Preis pro Tonne Kakao in der Elfenbeinküste bei 3060 Dollar und in Ghana bei 3039 Dollar. Der Unterschied erscheint klein. Er hat aber dazu beigetragen, dass Kakao auf dem Schwarzmarkt verkauft wurde.
Um dem Schmuggel Herr zu werden, will Ghana ein Belohnungssystem einführen: Ein Informant oder eine Informantin wie auch die Anti-Schmuggel-Einheiten erhalten bei Kakao-Beschlagnahmungen ein Drittel des geschätzten Wertes als Belohnung. Bei den im September gefundenen 16 Säcken wären das rund 1800 Dollar gewesen. Zum Vergleich: Das durchschnittliche Jahreseinkommen einer ghanaischen Kakaobäuerin oder eines -bauers beträgt knapp 2300 Dollar.
Eigentlich ist Kakaoschmuggel für Ghana kein neues Problem. Aber die aktuellen Rekordpreise – Anfang 2025 kostete eine Tonne fast 11'000 Dollar – haben ihn noch lukrativer gemacht. In Togo beispielsweise wird der Kakaopreis zweimal im Monat dem globalen Preis angepasst – so können die Bäuerinnen und Bauern sofort profitieren. Ghanas Kakaobehörde legt den Preis hingegen einmal jährlich fest. Dies bietet Stabilität, kann aber auch zu finanziellen Verlusten für die Bäuerinnen und Bauern führen – und macht den Schmuggel über Ghanas Grenzen verlockend.
Bei Saisonbeginn im August wurde in Ghana ein Tonnenpreis von 5040 Dollar für die Bäuerinnen und Bauern bekanntgegeben – bei einem durchschnittlichen globalen Preis von 7592 Dollar pro Tonne. Eine Vereinigung von rund 300'000 Kakaobäuerinnen und -bauern protestierte – und drohte damit, sich am Schmuggel in die benachbarten Länder zu beteiligen, sollten sie nicht angemessen entlohnt werden. Kurz vor den Präsidentenwahlen gab Ghanas Finanzminister Cassiel Ato Forson nach und erhöhte den Tonnenpreis auf 5393 Dollar.
Die ghanaische Kakaobehörde unterstützt die Landwirte ausserdem mit kostenlosen Pestiziden, Blüteninduktoren und Sprühmaschinen. Seit diesem Jahr gibt sie auch wieder kostenlosen Dünger an die Kakaolandwirtschaft ab. Dies wurde ironischerweise 2020 gestoppt – weil der kostenlose Dünger ausser Landes geschmuggelt und dort verkauft worden war.