Es ist seine letzte Jahresrechnung: Christian Wanner tritt in wenigen Wochen als Finanzdirektor des Kantons Solothurn ab. Der FDP-Politiker ist enttäuscht über seinen Abgang. Ein Defizit von 111,4 Millionen und ein Schuldenberg von fast einer halben Milliarde - das ist ein Tiefschlag zum Schluss seiner Politkarriere.
Entsprechend frustriert ist Christian Wanner nach der Präsentation der Jahresrechnung. Er habe das Debakel kommen sehen, hält der Finanzdirektor im Interview mit Radio SRF fest. Und fügt an: «An mir liegt es nicht, auch nicht an der Regierung. Viel mehr ist die Legislative in der Pflicht. Aber das gehört zum politischen Spiel.»
Der FDP-Regierungsrat hatte sich deshalb unter anderem vehement gegen die Steuersenkung für Privatpersonen gewehrt. Vergeblich: Der Kantonsrat beschloss eine Reduktion um vier Prozent. «Das war ein Fehler», sagt Wanner heute. Über 20 Millionen Franken habe der Kanton Solothurn allein durch diese Steuersenkung verloren.
An mir liegt es nicht, und auch nicht an der Regierung.
Doch die Steuersenkung ist nicht die einzige Ursache. «Wir haben zu wenig Einnahmen und zu viele Ausgaben», fasst Wanner die Lage zusammen. Unter diesen Umständen sei klar, dass nun mehrere Jahre lang «Probleme im Haushalt» bleiben werden, so Wanner. Er hofft, dass die Solothurner Politik nun reagiert.
Ein Massnahmenpaket der Regierung wurde im letzten Jahr durch den Kantonsrat zerpflückt. «Es ist die Aufgabe des Finanzdirektors, dass er immer wieder anrennt», meint Wanner dazu. Er hoffe, dass die neuen Kantonsräte nun ein Einsehen hätten. Wenn nicht, dann komme halt die Defizitbremse in der Verfassung zum Zug. Diese gilt dann, wenn der Kanton sein Eigenkapital aufgebraucht hat. Das sei in spätestens drei Jahren der Fall, wenn man jetzt nicht reagiere.
Die Politik handelt immer erst dann, wenn sie nicht mehr anders kann.
«Die Politik funktioniert halt so, dass sie immer erst dann handelt, wenn sie nicht mehr anders kann», sagt der abtretende Finanzdirektor. Und er droht: «Wenn die Defizitbremse kommt, dann wird es massive Steuererhöhungen geben.» Trotz allem gibt sich Wanner auch optimistisch: Er habe 1995 einen noch viel desolateren Haushalt übernommen und es sei ja dann doch gut gekommen.
Die Finanzpolitik habe sich in all diesen Jahren nicht geändert. «Eins und eins gibt immer noch zwei.» Aber: «Die Finanzen haben durch die Änderungen in der Politik zu leiden. Die Politik ist immer kurzfristiger ausgelegt und lässt die Langfristigkeit vermissen.»
Die Politik lässt Langfristigkeit vermissen.
Tipps will er seinem Nachfolger keine auf den Weg geben. Wanner selber galt als ein vorsichtiger Finanzdirektor. Oft budgetierte er zurückhaltend, konnte dann Ende Jahr bessere Zahlen präsentieren als erwartet. Dies wurde ihm von linker Seite auch immer wieder vorgeworfen.
Bei seiner letzten Rechnung hat es also nicht funktioniert. Die Rechnung schliesst sogar noch schlechter ab als budgetiert. Die Enttäuschung darüber versteckt Christian Wanner nicht: «Es ist schon schade, dass ich es beim letzten Mal nicht geschafft habe.»