Das Kräfteverhältnis im Zürcher Stadtparlament war in den vergangenen vier Jahren eindeutig. SP, Grüne und die Alternative Liste hatten zusammen eine Mehrheit und konnten die Stadt nach ihren Plänen gestalten. Heisst: mehr staatliche Unterstützung für die Schwächeren, mehr günstigen Wohnraum, mehr Platz fürs Velo, mehr Tempo-30-Zonen, dafür weniger Parkplätze. In diese Stossrichtung sind die linken Parteien in der auslaufenden Legislatur marschiert. Oder getrampelt, wie es sich für die Bürgerlichen anfühlte.
FDP und SVP fühlen sich übergangen
«Die letzten vier Jahre waren für uns hartes Brot», sagt Severin Pflüger, Präsident der Stadtzürcher FDP. Eine überparteiliche Zusammenarbeit habe nicht stattgefunden. Die Linken hätten keine Rücksicht genommen auf die Mitteparteien oder die Bürgerlichen, sondern ein kompromissloses Powerplay aufgezogen, so Pflüger. «Von vielen politischen Themen waren wir ausgeschlossen.»
Sie waren nicht bereit, konstruktiv mit uns zusammenzuarbeiten.
Oliver Heimgartner widerspricht. Er ist Präsident der städtischen SP, die mit 33 Prozent Wähleranteil klar stärkste Kraft im Zürcher Stadtparlament ist. Für Kompromisse brauche es immer zwei. FDP und SVP seien in der Totalopposition verharrt. «Sie waren nicht bereit, konstruktiv mit uns zusammenzuarbeiten», sagt Heimgartner.
Dem stimmt die grüne Partnerin zu. Auch Luca Maggi, Vizepräsident der Stadtzürcher Grünen, wehrt sich gegen den Vorwurf, sie hätten die Bürgerlichen überfahren. Man habe schlicht den Auftrag der Wählerinnen und Wähler umgesetzt. «Man kann die linken Parteien nicht einfach über einen Kamm scheren», fügt Maggi an. Die Mehrheitsverhältnisse im Parlament würden die Stadtzürcher Bevölkerung widerspiegeln.
«Es kommen immer radikalere Vorschläge»
Tatsächlich hatten SP, Grüne und AL bei Abstimmungen in den meisten Fällen eine Mehrheit hinter sich, obwohl sie in einigen Vorlagen die linke Stadtregierung links überholt haben. Also beispielsweise noch mehr Parkplätze abbauten, als vom Stadtrat ursprünglich vorgesehen waren. Ausserdem haben prominente Projekte Bundesrecht mindestens geritzt. Zwei Ideen von Linksgrün – eine Art Ausweis für Papierlose und finanzielle Unterstützung für Sans-Papiers – stünden im Widerspruch zu nationalen Gesetzen, so die Bürgerlichen.
Diese Entwicklung mache ihm Bauchschmerzen, sagt der Präsident der Stadtzürcher SVP, Mauro Tuena: «Es kommen immer radikalere Vorschläge.» Die links-grüne Mehrheit habe das Augenmass völlig verloren, so Tuena. Darum brauche es jetzt dringend eine Korrektur – ein Ende der links-grünen Mehrheit im Parlament, so FDP und SVP. Ganz anders die Sicht von links: Sie möchten ihre 2018 errungene Mehrheit halten, um die angestossenen Projekte umsetzen zu können. Was die Zürcherinnen und Zürcher wollen, zeigt sich bei den Wahlen am 13. Februar.