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Am meisten leiden die Kinder Wenn Sorgerechtsfälle öffentlich ausgetragen werden

Einige getrennte Eltern tragen den Kampf um ihr Kind teils öffentlich, teils auch in den sozialen Medien aus. Oft geht es darum, dass sie mit einer gerichtlichen Entscheidung über ihr Sorge- oder Besuchsrecht nicht einverstanden sind. Die Folgen für das Kind können schwerwiegend sein.

Petitionen, Appelle an die Medien oder an die Politiker, die Gründung von Kollektiven, Gruppen in sozialen Netzwerken, Demonstrationen, Spendenaktionen: Einige Eltern nutzen alle möglichen Mittel, um sich Gehör zu verschaffen.

Dabei werden teils auch Informationen über die Kinder veröffentlicht, die schützenswert wären, wie beispielsweise Fotos von ihnen, Zeichnungen, die Adresse ihres Zuhauses, ihrer Schule oder sogar medizinische Informationen. Sie werden dann zu den Hauptopfern dieser Elternkriege.

Mit welchen Aufrufen Eltern an die Öffentlichkeit gehen:

Diese Art der Veröffentlichung stellt einen Eingriff in ihre Privatsphäre und Würde dar. «Ein Kind hat das Recht darauf, dass seine Privatsphäre geschützt wird, das heisst, dass so wenig Informationen wie möglich im öffentlichen Raum verbreitet werden», sagt Regula Bernhard Hug, Leiterin der Geschäftsstelle Kinderschutz Schweiz gegenüber dem Westschweizer Radio und Fernsehen RTS.

«Ungerechtigkeit anprangern» zum Nachteil des Kindes

Sie betont auch, dass diese möglicherweise unüberlegten Veröffentlichungen die Kinder in Gefahr bringen können: «Kinderfotos können in die falschen Hände geraten. Es gibt Menschen im Internet, die gezielt nach Fotos von Kindern suchen und diese dann in einem sexualisierten Kontext verwenden.»

Fachleute weisen auch darauf hin, dass diese Art der Medienberichterstattung Loyalitätskonflikte schüren, das Familienband weiter zerbrechen oder das Kind stigmatisieren kann. In manchen Fällen kann man sogar von psychischem Missbrauch sprechen.

In diesem Lärm der Geschichten, die oft miteinander konkurrieren, gibt es eine Stimme, die verloren geht: die des Kindes.
Autor: Letizia Pizzolato Spezialistin für Kinderschutz beim VPOD Waadt

Die Eltern sehen das jedoch oft nicht so. Im Gegenteil: Mehrere, die RTS kontaktiert hat, glauben, dass diese Massnahmen notwendig sind, um ihr Kind zu schützen und die Ungerechtigkeit anzuprangern, deren Opfer sie ihrer Meinung nach sind.

Politische Vereinnahmung

Laut Expertinnen auf diesem Gebiet handelt es sich dabei oft um psychisch labile Eltern, die ihre Dysfunktion nicht akzeptieren können. Es besteht jedoch die grosse Gefahr, dass ihr Leid – das sehr real ist – politisch instrumentalisiert wird, insbesondere in einem Kontext des Misstrauens gegenüber Fachleuten im Bereich des Minderjährigenschutzes.

«Diese politische Exposition wird auch externe Stimmen anziehen, die manchmal wohlwollend sein können, aber oft auch ideologisch sind», warnt Letizia Pizzolato, Gewerkschaftssekretärin des VPOD Waadt, spezialisiert auf Kinderschutz. «Individuelle Geschichten werden von kollektiven Anliegen aufgegriffen. Und meiner Meinung nach geht in diesem Lärm von oft konkurrierenden Erzählungen mit sehr starren Positionen eine Stimme verloren: die des Kindes.»

Andere Lösungen für kleine Verbesserungen

Um sie zu schützen, kann das Jugendschutzgericht diese problematischen Publikationen verbieten. Im Wiederholungsfall können die Eltern strafrechtlich verfolgt werden. Der Staat kann auch eine Anzeige wegen Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht einreichen.

SRF 4 News, 26.5.25, 9 Uhr;liea

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