Die Kuh ist die am weitesten verbreitete domestizierte Tierfamilie in der Schweiz – zumindest, wenn man sich auf die ordnungsgemäss angemeldeten und registrierten Tiere beschränkt.
Beitrag von RTS zum Viehmarkt in Moudon (deutsche Untertitel)
Laut der Website Identitas, die Tierstatistiken der Schweiz veröffentlicht, gab es Ende April 2025 in der Schweiz 1'505'003 registrierte Rinder, darunter 664'032 Kühe.
Die Präsenz von Hausrindern in der Schweiz reicht sehr weit zurück. Die ersten Spuren ihrer Domestizierung stammen gemäss dem Historischen Lexikon der Schweiz aus der Jungsteinzeit. Im Lauf der Jahrhunderte erreichte die Viehzucht einen beträchtlichen Umfang. Der Käse wurde zu einem der wichtigsten Exportprodukte der Schweiz.
Man könnte also erwarten, dass es in der Schweiz viele verschiedene einheimische Kuhrassen gibt. Doch das ist nicht der Fall – oder nicht mehr.
«Von den einst 35 dokumentierten Schweizer Rassen überlebten nur deren 5: Das Original Braunvieh, das Eringer Rind, das Original Simmentaler Fleckvieh, das Evolèner Rind sowie das Rätische Grauvieh», heisst es bei Pro Specie Rara. Die Stiftung setzt sich für die Erhaltung des Schweizer Tier- und Pflanzenerbes ein.
Dass es immer weniger echte Schweizer Kuhrassen gibt, hat damit zu tun, dass eine höhere Produktivität angestrebt wird. «Auch bei der modernen Rinderzucht herrscht das Gesetz der Spezialisierung. Die alten Rassen wurden von neuen Zuchtlinien verdrängt, die entweder viel Milch oder schnell viel Fleisch produzieren», so die Stiftung.
Von den fünf Rassen, die noch als echt schweizerisch bezeichnet werden können, sind laut Pro Specie Rara drei vom Aussterben bedroht: die Original Simmentaler, das Evolène-Rind und das Rhätische Grauvieh.
Die verschwundene Freiburger Kuh
Angesichts dieser Entwicklung ist es schwierig geworden, auf den Weiden rein schweizerische Kühe zu finden. Bei den meisten von ihnen stammt zumindest ein Teil des Erbguts aus dem Ausland.
Ein Beispiel dafür ist die Freiburger Kuh. Es handelte sich dabei um eine weisse, schwarz gefleckte Kuh, die im Kanton Freiburg weit verbreitet war.
Sie wurde jedoch genetisch so stark mit der kanadischen Holsteinkuh vermischt, die ebenfalls schwarz-weiss war, aber viel mehr Milch gab, dass sie in den 1970er-Jahren völlig verschwand.
Das war ein echtes Identitätsdrama für den Kanton Freiburg, die Heimat der meisten Kühe, des Greyerzer-Käse und des Doppelrahms sowie Träger einer schwarz-weissen Flagge.
Doch es gab noch Hoffnung: In Chile, einem Land, in das viele Freiburgerinnen und Freiburger ausgewandert waren und in den 1930er-Jahren Kühe importiert hatten, wurden Freiburger Kühe gefunden.
Die Fachleute von Pro Specie Rara reisten an, um die Sache zu untersuchen. Da sich die chilenischen Kühe aber nicht genügend von den lokalen Rassen und der Holsteinkuh unterschieden, konnten sie nicht mehr als Nachkommen der Freiburger Kuh bezeichnet werden.
Wenn schon nicht die Rasse, so konnte doch wenigstens der Schein gewahrt werden. In den grünen Tälern des Greyerzerlandes kann man heute immer noch schwarz-weisse Kühe weiden sehen. Aber sie sind … kanadisch.