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Geburtstag zum Dahinschmelzen 450 Jahre Raclette: Rituale und Verbote bleiben gleich

Die geschmolzene Schweizer Institution feiert ihren 450. Geburtstag. Die Rituale und Verbote rund um Raclette sind jedoch noch fast die gleichen wie zur Geburtsstunde.

Vor 450 Jahren, im Jahr 1574, präzisierte Gaspard Ambuel, Arzt und Apotheker in Sitten, das Rezept für Raclette. «Diese schriftliche Geschichte beweist, dass das Raclette seine Ursprünge im Wallis hat», sagt Eddy Baillifard, Restaurantbesitzer und Käser in Bruson, in der Sendung Forum des Westschweizer Fernsehens RTS.

Damals war das Raclette den Aristokraten und den Reichsten vorbehalten. Laut Baillifard «entdeckten sie es, indem sie Käse am Ende eines Baguettes neben einem Holzfeuer schmelzen liessen.» Erst durch die Landesausstellung von 1964 in Lausanne wurde das Raclette in der ganzen Schweiz bekannt und erlangte gar den Status einer helvetischen Nationalspeise. Dies nicht zuletzt dank praktischer Racletteöfen, die seit den 1970er-Jahren weite Verbreitung gefunden haben.

Heute stellen die Walliser Produzenten 2200 Tonnen Raclettekäse her. Im Vergleich zu den 18'000 Tonnen industriellen Raclettekäses fallen sie nicht ins Gewicht.

Kulinarische Verbote aus Sicht von Puristen

Eddy Baillifard, ein Purist durch und durch, bevorzugt naturbelassenes Raclette aus Rohmilch, aber er akzeptiert einige Abweichungen. In seinem Restaurant serviert er Raclette aus Schafs- und Ziegenkäse und sogar mit Trüffeln. Für ihn ist diese Vielfalt kein Verrat am Wesen des Raclettes, sondern bereichert das kulinarische Erlebnis und respektiert gleichzeitig die Traditionen.

Mann sitzt in Chalet an einem Tisch, hält einen Laib Käse.
Legende: Eddy Baillifard posiert mit einem Laib Raclettekäse in seinem auf Käsegerichte spezialisierten Restaurant «Raclett'House» in Bruson bei Verbier im Val de Bagnes (Wallis). KEYSTONE/Jean-Christophe Bott

Für ihn, der der Meinung ist, dass ein Tag ohne Raclette «ein verpfuschter Tag» sei, ist es unerlässlich, bei der Verkostung bestimmte Codes einzuhalten. Seiner Meinung nach sind die untrennbaren Zutaten die kleine festgekochte Kartoffel, die Gewürzgurken, die Zwiebeln, die in Essig eingelegten Pfifferlinge und der kleine Salat mit Zwiebeln. Pfeffer auf Raclette akzeptiert er. Die Zugabe von Chili, Curry oder Paprika verbietet er hingegen, «das hasse ich», stellt er mit einem Lächeln klar.

Die althergebrachte Methode der Reifung

Auch Fred Tougeron, Käser auf der Walliser «Alpage de Pointet» in Conthey, stellt den ganzen Tag lang Raclette her. Er sagt, dass die traditionellen Handgriffe der Käser seit mehreren Jahrhunderten gleich sind. «Ich schaue mir oft Archivbilder an, die den Käser auf dem Feld inmitten der Kühe beim Käsen zeigen. Die Methode ist etwas mechanisierter geworden, aber es ist immer noch dasselbe.»

Erfolg in Bern

Am Mittwoch feierte eine Walliser Delegation auf dem Bahnhofplatz in Bern das 450-jährige Jubiläum dieser kulinarischen Institution. Der Ort wurde nicht zufällig gewählt, wie Eddy Baillifard erklärt: «Weil die Bundespräsidentin aus dem Wallis stammt, war es wichtig, kurz Hallo zu sagen. Wir brauchen die Parlamentarier, um dieses Produkt und die Landwirtschaft zu verteidigen.»

Mit «dialog» einen Blick über die Sprachgrenzen werfen

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Dieser Artikel erschien zuerst auf Französisch bei RTS und wurde von der «dialog»-Redaktion übersetzt. Die Originalversion können Sie auf  RTS  lesen.

«dialog»  ist das Angebot der SRG, das mit Debatten und dem Austausch von Inhalten Brücken baut zwischen den Sprachregionen in der Schweiz und den Schweizerinnen und Schweizern im Ausland.

Mehrere Touristinnen und Touristen, die bei der Degustation anwesend waren, fanden die Veranstaltung überzeugend. «Ich liebe es! Es passt perfekt zum heutigen Wetter», erklärte eine der Frauen auf Englisch. Ein anderer fügte hinzu: «Das Walliser Raclette ist authentisch, wie das Fondue in Freiburg.»

RTS Forum, 18.09.2024, 19:30 Uhr ; 

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