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Hitzeinseln in Städten Experte: «Wir sind auf dem richtigen Weg, wenn auch langsam»

Städte heizen sich in Hitzeperioden stärker auf als ihr Umland. Wie können wir urbane Hitzeinseln bekämpfen und den Sommer für die Menschen in Städten erträglicher machen? Ein Experte zeigt mögliche Wege auf.

Die Hitzewelle der vergangenen Tage hat vielerorts in Europa die Temperaturen über die Durchschnittswerte der Vergangenheit getrieben. Auch Teile der Schweiz waren davon betroffen, wie SRF Meteo berichtete.

Die Hitze und ihren negativen Auswirkungen auf die Menschen sind in Städten besonders gross. Asphalt- und Betonflächen absorbieren die Sonnenenergie, heizen sich auf und speichern die hohen Temperaturen des Tages.

Ein Kind sucht an der Place des Nations in Genf Abkühlung.
Legende: Ein Kind sucht an der Place des Nations in Genf Abkühlung. Salvatore di Nolfi/Keystone

Leider gebe es kein Wundermittel gegen extreme Hitze in der Stadt, sagt  Jan Carmeliet, Professor für Bauphysik  an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) und Experte für Stadtklima und Hitzewellen.

SRF News: Viele Städte pflanzen Bäume und schaffen Grünflächen im öffentlichen Raum. Reicht das aus, um städtischen Hitzeinseln entgegenzuwirken?

Jan Carmeliet: Bäume spenden Schatten und wirken lokal kühlend. Sie können die gefühlte Temperatur um bis zu 6 Grad senken. Der Effekt hängt von der Art, der Grösse und dem Alter der Bäume ab. Am wirksamsten sind grosse Laubbäume mit dichtem Blattwerk und einem ausgedehnten Wurzelsystem.

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Dieser Artikel erschien zuerst auf bei SWI swissinfo.ch und wurde von der «dialog»-Redaktion gekürzt. Die Originalversion können Sie auf  SWI  lesen.

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Bäume können aber auch das Gegenteil bewirken. Sie können Luftströme blockieren und die Wärmeabgabe in der Nacht einschränken.

Die Anpflanzung von Bäumen kann in einem bestimmten Gebiet vorteilhaft sein, aber den Wärmekomfort in benachbarten Stadtteilen beeinträchtigen. Stadtplanende müssen daher den Kontext berücksichtigen, in dem ein Baum gepflanzt wird.

In der Schweiz wird die Europaallee in Zürich im Sommer zum Glutofen. Bei der Planung wurde das Problem der Hitzewellen vernachlässigt. Ist das ein Einzelfall?

Ich weiss nicht, was in diesem konkreten Fall passiert ist. Es werden immer noch viele Fehler gemacht. Aber sowohl in Zürich als auch in anderen Schweizer Städten sehe ich den Willen zum Handeln. Das Bewusstsein wächst, und ich würde sagen, wir sind auf dem richtigen Weg, wenn auch zu langsam.

Die Durchschnittstemperatur in der Schweiz könnte bis Ende des Jahrhunderts um mehr als vier Grad steigen, stärker als der globale Trend. Wie müssen sich Städte hierzulande anpassen?

In erster Linie müssen sie Hitzeinseln reduzieren. Die Möglichkeiten sind vielfältig: Bäume, wasserdurchlässige Strassenbeläge und Belüftungsschneisen durch die Stadt sind wirksame Massnahmen zur Wärmeregulierung, wenn sie richtig umgesetzt werden.

Wichtig sind begrünte Strassen oder Verbindungswege, in denen sich die Menschen bewegen können und in denen ein gutes thermisches Klima herrscht. Im Gegensatz dazu können breite Strassen ohne Bäume zu unangenehmen Heissluftschneisen für Fussgängerinnen und Fussgänger werden.

Welche Pionierstädte gibt es in der Welt, von denen sich Gemeinden in der Schweiz inspirieren lassen können?

Von Wien und Montreal bis Singapur und Sydney ergreifen viele Städte Massnahmen. Aber es gibt keine einheitlichen, nachahmenswerten Lösungen gegen die städtische Erwärmung. Was an einem Ort funktioniert, kann an einem anderen Ort weniger effizient sein.

Echo der Zeit, 12.8.24, 18 Uhr

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