Die Spuren im Schlamm stammen von den Rädern eines Geländewagens. Sie führen auf einem Gelände ausserhalb der ukrainischen Hauptstadt Kiew vorbei an Gestrüpp und Maisplantagen. In der Luft schwebt ein mit Helium gefüllter und am Boden verankerter weisser Ballon. Er hebt sich kaum vom Grau des Himmels ab.
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Bild 1 von 3. An einem Seil befestigt schwebt der mit Helium gefüllte Testballon über dem Gelände bei Kiew. Bildquelle: RSI / Vicenzo Leone.
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Bild 2 von 3. Einer von drei Mitarbeitern der Firma Aerobavovna, die den Test mit den Fesselballonen überwachen. Bildquelle: RSI / Vicenzo Leone.
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Bild 3 von 3. In solchen Anhängern werden die mit Helium gefüllten Ballone an ihren Einsatzort transportiert. Bildquelle: RSI/Vicenzo Leone.
Der Ballon ist Teil eines Tests für militärische Zwecke. Ein dreiköpfiges Team, ausgerüstet mit Kopfhörern und Funkverstärkern, ist damit beschäftigt, Antennen, Steuereinheiten und Frequenzen zu kalibrieren. Sie arbeiten für die Firma Aerobavovna, die sich auf diese Technologie spezialisiert hat.
Mehr Reichweite für die Drohnen
Schon im 18. Jahrhundert wurden Ballone zu Kriegszwecken benutzt. Aerobavovna hat die Technologie reaktiviert und angepasst, um sie für den Ukraine-Krieg einsetzbar zu machen. Die Stoffballone dienen heute als Verstärker für die Funksignale und ermöglichen es den Drohnen, länger und weiter zu fliegen.
Juri Wysowen erläutert die Vorteile seiner Ballone:
«Im Moment haben wir im Donbass etwa tausend Drohnen am Himmel», berichtet Juri Wysowen, der CEO und Gründer von Aerobavovna. «Und die meisten haben keine Satellitenverbindung, also brauchen sie irgendeine Art von Funkverstärker.» Und er ergänzt: «Es ist einfache Physik: Damit die Signale trotz der Erdkrümmung grössere Distanzen überwinden können, muss die Ausrüstung angehoben werden.»
Eine Verbindung über Funkgeräte ist nötig, damit die Datenübertragung zwischen Drohne und Computer am Boden funktioniert. Dies sei «ein Krieg mit Drohnen», betont Wysowen, und es gewinne derjenige, «der seine Drohne weiter fliegen lassen kann».
Auch zur Abwehr feindlicher Drohnen einsetzbar
Heute wird auf dem Gelände bei Kiew eine Triangulation getestet. Ein Ballon schwebt an Ort und Stelle, zwei weitere sind Dutzende Kilometer entfernt. Dadurch soll ein Funknetz geschaffen werden, das das gesamte Gebiet abdeckt und den darauf operierenden Einheiten Kommunikationsverbindungen bietet.
Je nach Einsatzzweck werden die Ballone mit unterschiedlichen Geräten ausgerüstet: mit Verstärkern zur Übertragung von Videobildern oder für die Kommunikation, mit Videokameras oder Technologie für Richtantennen.
Ebenso können sie für die elektronische Kriegsführung ausgestattet werden. Sie sind dann in der Lage, ein feindliches Signal abzufangen und Störungen und Interferenzen zu erzeugen, damit ankommende Drohnen vor Erreichen des Ziels abgeschossen werden können.
Von 50 Einheiten an der Front benutzt
Er habe Aerobavovna ursprünglich für zivile Zwecke gegründet, berichtet Wysowen. «Aber dann erhielten wir Rückmeldungen von unserer Armee und sie sagten, dass sie Funkverstärker anheben müssten. Und wir sagten, ok, wir wissen, wie das geht.» Heute nutzen mehr als 50 Kampfeinheiten an der Front diese Art von Ballonen.
Das Techunternehmen bietet auch Schulungen an. Dort lernt man zum Beispiel, wie das kleinste Modell innerhalb von sieben Minuten in die Luft gebracht werden kann.
Für den Erfolg dieser Technologie sei entscheidend, dass sie nicht entdeckt werde, betont Wysowen. Mobilität zähle mehr als alles andere: in wenigen Minuten alles aufbauen, das Funksignal einschalten, den Ballon auf 700 Meter Höhe steigen lassen. Und keine Minute länger als nötig dem feindlichen Feuer ausgesetzt sein.