Im gesamten Jahr 2024 gab es in den Kantonen Genf, Waadt, Freiburg, Wallis, Neuenburg und Jura fast 800 Fälle. Das zeigen Zahlen, die von der Waadtländer Kantonspolizei zusammengetragen wurden und zu denen das Westschweizer Radio und Fernsehen (RTS) Zugang hatte. In diesem Jahr waren es schon in den ersten fünf Monaten mehr, nämlich fast tausend (vgl. Grafik).
Die Deliktsumme wird für den Zeitraum Januar bis Mai dieses Jahres auf über 3 Millionen Franken geschätzt. Im Vorjahr waren es 3,7 Millionen.
Alarmiert von diesen Zahlen, verstärken die Polizeikorps ihre Präventionskampagnen. Diese scheinen erste Früchte zu tragen. Einerseits sind von den tausend Fällen, die dieses Jahr registriert wurden, mehr als die Hälfte gescheiterte Versuche. Andererseits wurden von den rund hundert identifizierten Tätern zwei Drittel festgenommen.
Was ein Betrugsopfer bei RTS berichtet (dt. Untertitel):
Die Betrügerinnen und Betrüger zielen hauptsächlich auf ältere Menschen ab. «Um ihre Opfer zu finden, suchen [sie] in Online-Telefonbüchern nach Vornamen, die häufig mit Senioren in Verbindung gebracht werden», schreibt die Waadtländer Kantonspolizei auf ihrer Webseite.
Der Betrug beginnt immer mit einem Telefonanruf. Die angeblichen Polizisten konfrontieren ihre Opfer mit einer falschen schockierenden Nachricht oder anderen falschen Vorwänden, um an ihr Geld zu gelangen.
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Dann kündigt der falsche Polizist an, dass ein angeblicher Kollege kommt. Seine Mission: Bankkarten, Geld und Schmuck einsammeln. Die beiden, einer am Telefon, der andere in der Wohnung, lassen das Opfer nicht aus den Augen.
Zum Betrugsmuster gehöre, dass sie mit den Geschädigten sehr lange am Telefon sprächen, berichtet Pierre Loetscher von der Freiburger Kantonspolizei. «Sie betreiben Gehirnwäsche und vor allem gewinnen sie Zeit, da sie parallel dazu Handlanger [zum Abholen der Beute] schicken.» Damit wollten sie verhindern, dass die Opfer jemanden aus der Familie oder sogar die Polizei anrufen, um zu fragen, ob es stimmt oder nicht.
Die Täter, insbesondere die Auftraggeber, die die Telefonanrufe tätigten, kämen hauptsächlich aus französischsprachigen Ländern wie Frankreich oder Nordafrika, berichtet David Guisolan von der Waadtländer Kantonspolizei. Diese Personen rekrutierten über die sozialen Netzwerke Handlanger, sogenannte «Kuriere». Sie posteten Anzeigen wie: «Motorisierter Kurier in Genf oder Lausanne oder anderswo gesucht?» oder «Alle Personen in der Schweiz, meldet euch!!!! Suche Personen, die sofort verfügbar sind!!!».
Die «Kuriere» begäben sich zu den am Telefon identifizierten Zieladressen, um die Opfer zu bestehlen. «Diese Personen spielen eine aktive Rolle beim Betrug, da sie sich als falsche Polizisten ausgeben, die Wertsachen an sich nehmen und Geldbezüge mit den Bankkarten durchführen», betont Pierre Loetscher von der Freiburger Polizei.
«Man verspricht ihnen ein paar hundert oder tausend Franken für zwei oder drei Tage Arbeit, und sie stellen keine Fragen», fügt Loetscher hinzu. «Wir schaffen es nicht, diesem Phänomen ein Ende zu setzen, weil wir zwar einige erwischen, aber es kommen immer wieder andere.»