Das Problem: «In den letzten zehn Jahren haben wir erlebt, wie sich Trockenperioden verlängern. Regen fällt heftiger, die Luftfeuchtigkeit ist gesunken, und die Spätfröste im Frühling kommen immer später.» So lautet die Diagnose von Carole Biancalana. Sie stammt aus einer Familie, die seit vier Generationen in Grasse, im Hinterland der Côte d’Azur, die berühmte «Rosa centifolia» anbaut, die auch als Gartenrose bekannt ist.
So ergeht es den Blumenzüchtern (mit dt. Untertiteln)
«Mancherorts liegt der Rückgang der Produktivität bei 30 bis 40 Prozent im Vergleich zu den 1980er-Jahren», fügt Biancalana hinzu.
Parfumpflanzen der Klimakrise ausgesetzt
Auch die Lavendelfelder der Provence, die sich über Hunderte Hektar erstrecken und Postkarten zieren, sind betroffen. Und die Liste wird länger: Jasmin, Neroli, Sandelholz, Orangenblüte, Vanille – und viele weitere Duftpflanzen.
Bei den grossen Parfumherstellern herrscht Schweigen. Drei grosse Labors in der Schweiz und in Frankreich reagierten nicht auf die Anfrage vom Radio und Fernsehen der italienischsprachigen Schweiz (RSI).
Sorge um die Duftqualität
«Letztes Jahr sagte der Parfumeur, dass sich etwas verändert habe. Es roch nicht schlecht, aber anders», erzählt Eliane Bres, Lavendelbäuerin und Präsidentin von France Lavande. Als Parfumkreateurin eines grossen Schweizer Parfumunternehmens prüft sie, ob das «Absolue» – der reine Pflanzenauszug – gleichbleibend ist. «In den letzten zwei Jahren war es das nicht», berichtet sie und schüttelt den Kopf. «Ich fürchte, dieses Jahr wird es wieder so sein.»
Teure Lösungen
Für die Produzenten wird es schwieriger. Botanikerinnen und Botaniker empfehlen teure Bewässerungssysteme oder eine Verlagerung der Anbauflächen weiter nach Norden. «Dann werden wir uns mehr der Zucht widmen», prognostiziert Bres. «Oder wir pflanzen Olivenbäume und ernten Oliven. Warum nicht? Und dann werden sie Lavendel in Paris oder Lyon anbauen.»
In Grasse bestreiten die Produzenten, dass sich das «Absolue» der Mairose verändert hat. Sie reagieren mit neuen Methoden auf die Klimakapriolen. Carole Biancalana setzt auf regenerative Landwirtschaft: «Wir lassen lange Gräser um die Rosen wachsen, um Bodenerosion zu verhindern», erklärt sie.
Ausserdem schneidet sie «erst spät im Winter, damit die Knospen später austreiben und Spätfröste umgehen». Sie denkt auch darüber nach, Bäume zu pflanzen, um die Rosen zu beschatten. Biancalana glaubt daran, dass die Mairose in Grasse eine Zukunft hat.
Synthetische Düfte als Alternative?
In Paris sieht man das anders. In der Boutique für massgeschneiderte Düfte Ex Nihilo setzt Mitgründer Benoît Verdier auf eine andere Lösung: synthetische Duftstoffe. Die Marke mischt sie bereits erfolgreich mit natürlichen Essenzen.
Die Vielfalt und Komplexität natürlicher Produkte lässt sich nicht vollständig synthetisieren.
«Diese grossartigen synthetischen Zutaten können eine Antwort sein, um ein aussergewöhnliches und gleichbleibendes Ergebnis zu erzielen – vielleicht sogar besser als das Original», schwärmt Verdier.
Ganz anderer Meinung ist Dominique Roques, Autor von «Essenzen der Welt». Für ihn ist klar: Die Vielfalt und Komplexität natürlicher Produkte «lässt sich nicht vollständig synthetisieren». Irgendwann stosse die Chemie an ihre Grenzen.