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Schweizer Wohnungsmarkt Immobilienpreise: Warum es wo am günstigsten und am teuersten ist

Die Stadt Le Locle im Neuenburger Jura und die Gemeinde Kilchberg am Zürichsee trennen 2.5 Autostunden – und Tausende Franken pro Quadratmeter.

Ein paar Gehminuten vom Bahnhof Kilchberg entfernt liegt ein neues Apartmenthaus. «Hier haben wir das ganze Projekt im Verkauf», sagt Claudio Baumann. Mit seiner Firma «Baumann Estate» vermittelt er am Zürichsee Wohnungen in bester Lage.

Die oberen Etagen des neuen Objekts versprechen einen unverbauten Blick auf den Zürichsee. Kostenpunkt: Etwas über 8 Millionen Franken – es ist hier keine ungewöhnliche Summe. Kilchberg ist die teuerste Gemeinde der Schweiz.

Wo noch alle feilschen

Szenenwechsel: In Le Locle hat es Sadry Ben Brahim beim Verkauf seiner Objekte nicht ganz so einfach. Beispiel: Eine Sechseinhalb-Zimmer-Wohnung mit grosser Terrasse und drei Parkplätzen für 625’000 Franken. Bereits seit fünf Monaten steht das Objekt zum Verkauf. «Die Immobilien gehen hier fast nie zum Ausschreibungspreis weg», sagt Ben Brahim. «Die Leute fragen schon vor der Besichtigung, ob man über den Preis reden könne.» Ben Brahim verkauft Liegenschaften in der ganzen Region Neuenburg, im Namen der Compagnie Immobilière Romande Sàrl.

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Le Locle ist seine Schnäppchen-Destination. 3500 bis 5000 Franken kostet der Quadratmeter hier. Unter den erschlossenen Gemeinden mit regelmässigen Verkäufen ist Le Locle die günstigste der Schweiz. «Es gibt Leute, die ziehen nur deshalb hierher, weil die Preise tief sind und sie in den umliegenden Zentren Neuenburg und La Chaux-de-Fonds mit ihrem Budget nicht fündig werden», sagt Ben Brahim.

Ein Zimmer für die Nanny

Zurück am Zürichsee. Die Mehrheit von Claudio Baumanns Kundschaft stammt aus der Schweiz. Der Rest kommt von überall auf der Welt, vor allem aber aus der EU und den USA. Für Amerikaner sei typisch, dass sie eine grosse Wohnung suchten. In der Regel brauchen sie ein Extra-Zimmer für die Nanny. Ein wichtiges Thema seien auch die Schulen. «Dass wir hier internationale Schulen in der Nähe haben, ist ein grosses Plus.»

Blick von oben auf Kilchberg, rechts daneben der See.
Legende: Tiefe Steuern, Seeblick, die Städte Zürich (hinten) und Zug in unmittelbarer Nähe: Das ist Kilchberg, die teuerste Gemeinde der Schweiz. Keystone / Ennio Leanza

Ein weiteres Plus ist die Lage. Von hier aus hat man schnelle Zugverbindungen, nicht nur in die Bankenmetropole Zürich und zum Flughafen. Auch Zug, die Heimat der grossen Rohstoffkonzerne und des Schweizer Crypto Valleys, erreicht man in gut 20 Minuten.

Jahrzehntelange Starre

Die geografische Lage bestimmt auch das Schicksal von Le Locle. Aber nicht im Positiven. Direkt neben Frankreich gelegen, wälzt sich der Grenzverkehr durch die Stadt. «Der Verkehr ist das grösste Problem von Le Locle», sagt Ben Brahim.

Das zweite grosse Problem ist die Wirtschaft. Le Locle ist stark von der Uhrenindustrie abhängig. Viel mehr gibt es hier nicht. Die Steuern sind hoch, und auch die Krankenkassenprämien. Auf die Frage, was die Stadt brauche, schreibt die Pressestelle der Stadtregierung zurück: «Ein besseres Image».

Hochhäuser mit Hügeln im Hintergrund. Im Vordergrund ausgediente Güterwaggons.
Legende: Bonjour Tristesse: Die Stadt Le Locle liefert noch immer viele wenig glamouröse Ansichten. In keiner erschlossenen Gemeinde der Schweiz ist der Boden günstiger. Keystone / Christian Beutler

Der Blick in die Zukunft ist jedoch optimistisch. Immer mehr Investorinnen und Investoren interessieren sich für Le Locle, stellt Makler Ben Brahim fest. Vor allem wegen des zweispurigen Tunnels, der Le Locle ab etwa 2032 vom Durchgangsverkehr befreien wird. Eine halbe Milliarde Franken lässt sich der Bund das Verkehrsprojekt kosten. Das Aufwertungspotenzial ist massiv.

Auch die lokale Regierung rechnet damit, dass in Le Locle bald ein neues Zeitalter anbrechen wird. Im Legislaturprogramm hat sie sich die Aufwertung des Stadtzentrums verordnet. Le Locle soll als Wohnort und Subzentrum neu erfunden und der Tourismus angekurbelt werden.

SWI swissinfo.ch, 4.6.2025, 6 Uhr; wilh

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