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Erfolgversprechende Resultate Impfung könnte Bienen vor der Faulbrut schützen

In den USA ist erstmals eine Impfung für Bienen gegen die hochansteckende Amerikanische Faulbrut zugelassen worden. Bienenforscherin Gina Retschnig ordnet ein, wie wirksam die Impfung ist.

Darum geht es: Erstmals ist in den USA ein Impfstoff für Bienen zugelassen worden. Das Präparat soll laut Hersteller die Honigbienen gegen die weltweit auftretende bakterielle Krankheit Amerikanische Faulbrut (AFB) schützen, die die Brut der Bienen befallen und töten kann. Die hochansteckende Brutkrankheit ist weltweit verbreitet und für Larven tödlich.

So wird geimpft: Geimpft werden nicht die einzelnen Bienen, sondern die Königin, erklärt Gina Retschnig. Sie forscht am Institut für Bienengesundheit der Universität Bern. «Arbeiterinnen aus dem Hofstaat der Königin werden in kleinen Käfigen mit abgestorbenen toten Erregerbakterien, die diese Faulbrut auslösen, gefüttert.» So würden die Bakterien über die Arbeiterinnen in den Königinnenfuttersaft Gelee Royale eingebaut. Die Königin wiederum baue es in die Eier im Nachwuchs ein. «Dadurch ist die Brut bereits besser geschützt gegen diese Erreger», sagt die Forscherin.

Honigbiene am Brutrahmen
Legende: Honigbienen leben in einem Volk in einem Bienenstock, während Wildbienen vorwiegend als Einzelgänger in der Natur nisten. KEYSTONE/Gaetan Bally

Wirksamkeit der Impfung: «Die Wirkung ist noch nicht vollumfänglich untersucht und bestätigt», sagt Retschnig. Im Laborversuch habe man jedoch gesehen, dass die Sterblichkeit der Larven, die von geimpften Bienenköniginnen abstammen, um 30 bis 50 Prozent reduziert werden konnte. Wie gut die Impfung jedoch in der Feldanwendung funktioniere, sei noch unklar. Denn bei den Versuchen habe man immer eine Kontrollgruppe dabei, die noch nicht geimpft beziehungsweise keine Erregerbakterien erhalten habe.

Gina Retschnig

Forscherin am Institut für Bienengesundheit der Universität Bern

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Gina Retschnig ist eine leitende wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Bienengesundheit der Universität Bern. Ihr Hauptforschungsinteresse gilt verschiedenen Aspekten der Ernährung von Honigbienen, einschliesslich der Rolle von Mikronährstoffen für die Gesundheit von Honigbienen. Ausserdem untersucht sie die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Stressfaktoren für Honigbienen. Neben der Forschung im Labor und im Freiland ist sie auch in der Lehre tätig und für die Gesamtorganisation und -koordination des Instituts verantwortlich.

Im aktuellen Fall wurden Retschnig zufolge die geimpften Königinnen in Völkern eingesetzt, von denen nach einigen Wochen die Larven entnommen wurden. Diese wurden dann mit den Bakterien konfrontiert, um zu schauen, welche Larven sich weiterentwickeln und welche sterben. «Die Leute, welche die Versuche durchführen, wissen aber nicht, welche Larven von den Völkern mit einer geimpften Königin stammen und welche nicht – das ist der Doppelblindansatz», erklärt die Forscherin das Problem des Versuchs.

Noch keine Impfung in der Schweiz: Ob die Impfung bald in der Schweiz zugelassen werde, sei von der Wirksamkeit in der Feldanwendung abhängig, sagt Retschnig. Auf der Homepage des Herstellers stehe zudem explizit, dass die Wirksamkeit der Impfung noch nicht abschliessend geklärt sei. «Deswegen würde ich nicht mit einer sehr baldigen Zulassung rechnen», so die Expertin. Die amerikanische Faulbrut sei zudem im Vergleich mit anderen Stressfaktoren für die Bienen in der Schweiz eher vernachlässigbar.

Amerikanische Faulbrut in der Schweiz

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Honigbienen auf einer Brutwabe sind vereinzelt mit Varroamilben befallen.
Legende: Vereinzelt mit Varroamilben befallene Honigbienen auf einer Brutwabe. Imago/Frank Sorge

«Wir haben pro Jahr ungefähr 50 Fälle von dieser Brutkrankheit in der Schweiz zu verzeichnen», sagt Retschnig. Das müsse man jedoch im Kontext sehen: In der Schweiz gebe es mit leichten jährlichen Schwankungen knapp 200'000 Honigbienenvölker, die von Imkerinnen und Imkern betreut werden.

Ein deutlich grösserer Stressfaktor für die Bienen in der Schweiz sei die parasitäre Varroamilbe. «Diese wurde vor 30 Jahren eingeschleppt und die lokalen Bienen kommen mit ihr nicht gut zurecht», erklärt die Forscherin. «Das heisst, jedes Volk in der Schweiz ist befallen mit dieser Milbe, und ohne Behandlung sterben die Völker innerhalb von zwei bis drei Jahren ab.» Hinzu kämen unter anderem Umweltfaktoren, Pflanzenschutzmittel und Insektizide, die die Bienen schädigen können.

Impfungen gegen weitere Krankheiten möglich: Mit weiteren Impfstoffen das Bienensterben aufhalten zu können, sei durchaus wünschenswert, sagt Retschnig. «Gerade auch bei Krankheiten, wo man Schwierigkeiten hat, eine geeignete Behandlung zu finden.» Der Ansatz, durch die Fütterung der Arbeiterinnen gegen Krankheiten vorzugehen, sei praktikabel. «Ich denke, das wird in Zukunft sicher noch für weitere Erreger getestet werden», so die Bienenforscherin.

SRF 4 News, 18.01.2023, 06:25 Uhr ; 

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