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Antworten auf Ihre Fragen Die wichtigsten Erkenntnisse zum Thema «Gewalt an Frauen»

Warum fühlen sich viele Männer so in die Ecke gedrängt, wenn über Gewalt an Frauen gesprochen wird? Wie kann häusliche Gewalt präventiv verhindert werden? Ist das Schweizer Gesetz zu lasch?

Anja Derungs, Geschäftsführerin der Stiftung Frauenhaus Zürich, und Jérôme Endrass, stellvertretender Amtsleiter der Direktion der Justiz und des Innern, haben in einem Live-Chat Ihre Fragen zum Thema Gewalt an Frauen beantwortet. Die wichtigsten Erkenntnisse.

Staatliche Präventionskampagne

Aufgrund des Budgetentscheids der letzten Tage tauchte die Frage auf, was die Präventionskampagne gegen Gewalt an Frauen nütze.

Der Forensiker Jérôme Endrass sagt dazu: «Es gibt unterschiedliche Gründe für eine Präventionskampagne. Letztlich geht es darum: Jede Frau, der es früher gelingt, sich aus einer gewaltgeprägten Beziehung herauszulösen, ist ein Gewinn. Genauso wie jeder Mann, der bereit ist, Hilfe in Anspruch zu nehmen, bevor er gewalttätig in Erscheinung tritt.»

Anja Derungs sagt dazu, dass der Fokus der Kampagne auf drei Punkten liege:

  1. Aufzeigen, wo Gewalt beginnt
  2. Ermutigen, über Gewalt zu sprechen
  3. Hilfsangebote bekannt machen

Migration und Gewalt an Frauen

Der von Userinnen und Usern häufig getätigten Aussage «Hauptproblem der Gewalt an Frauen ist ganz klar Migration» widerspricht Endrass. Es sei nicht die Migration, die das Hauptproblem darstelle.

«Würden wir die Migration auf null setzen, würde das Problem weiterbestehen.» Man müsse berücksichtigen, dass es zahlreiche Faktoren gebe, die Gewalt begünstigen, sodass die Fokussierung auf einen einzelnen Faktor nicht zielführend sei.

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Anja Derungs fügt an: «Häusliche Gewalt ist nicht das Problem der anderen. Sie passiert tagtäglich in Schweizer Haushalten, mitten unter uns.»

Gewalt an Männern

Auf die Frage, warum sich viele Männer so in die Ecke gedrängt fühlen, wenn über Gewalt an Frauen gesprochen wird, antwortet Derungs: «Frauen und Männer sind auf unterschiedliche Art von Gewalt betroffen, und sie üben auf unterschiedliche Art Gewalt aus. Frauen werden deutlich häufiger Opfer von häuslicher Gewalt. Männer erleben häufiger Gewalt im öffentlichen Raum, ebenfalls durch Männer.»

Endrass ergänzt: «Auch Männer werden Opfer von häuslicher Gewalt. Weltweit werden Männer sogar viermal häufiger Opfer von tödlicher Gewalt, als das bei Frauen der Fall ist. Nur sind es dann nicht Frauen, die Männer umbringen, sondern Männer, die andere Männer töten.»

Zu lockere Gesetzgebung?

Viele Userinnen und User fragen sich auch, ob das Schweizerische Gesetz zu lasch, der Täterschutz zu stark sei. Jérôme Endrass antwortet darauf, ob eine Strafe zu streng oder zu lasch ist, sei sehr stark eine Frage der persönlichen Einstellung. Und: «Wir wissen aus der Forschung, dass harte Strafen nur beschränkt abschrecken. Sie wirken vor allem auf die Personen abschreckend, die sozial gut integriert sind und sich auch an Gesetze und Normen halten wollen.»

Ein Demonstrationsschild, worauf steht: «Liebe sollte nicht tödlich sein! Stopp Femizid»
Legende: Immer wieder gehen Frauen gegen Gewalt auf die Strasse: Am 10. Dezember haben mehrere hundert Menschen auf dem Bundesplatz in Bern mehr Geld für den Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt gefordert. Keystone/Michael Buholzer

Bei dissozialen Personen funktioniere die Abschreckung jedoch kaum. Länder, die vor allem auf sehr harte Strafen setzen, würden zudem ein hohes Kriminalitätsvorkommen und hohe Rückfallraten aufweisen, fügt er an.

Abschliessend sagt Endrass: «Zu hohe Strafen führen eher zu überhöhten Kosten und mehr Kriminalität.»

Heute Morgen, 10.12.2025, 6 Uhr; herb

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