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Für die Liebe in die Schweiz Nach Partnervermittlung: Einblick in eine jüdisch–orthodoxe Ehe

Shoshana und David lernten sich über eine jüdische Online-Vermittlung kennen. Sie heirateten nach wenigen Monaten und bauen sich nun ein gemeinsames Leben in Zürich auf. Shoshana steht in ihrer neuen Heimat vor ungewohnten Herausforderungen und dem Gefühl des Alleinseins.

Shoshana lebte in Panama und David in der Schweiz. Beide sind jüdisch-orthodox und Mitte 20 – und waren auf der Suche nach der grossen Liebe. Vor einem Jahr fanden sie einander über eine jüdische Online-Partnervermittlung.

Matchmaking im orthodoxen Judentum

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Im orthodoxen Judentum erfolgt die Partnersuche häufig über eine Vermittlerin, eine sogenannte Matchmakerin. Eine davon ist Jochewed Grossberger, die SRF Impact porträtierte.

Zunächst tauschten sie sich über Videoanrufe aus. Wenig später reiste David nach Panama, wo sich die beiden erstmals persönlich begegneten. Eine Woche lang sprachen sie intensiv über Werte und Zukunftsvorstellungen, um herauszufinden, ob sie als Paar zusammenpassen.

Körperliche Nähe war bis dahin tabu – im orthodoxen Judentum ist der Kontakt zwischen unverheirateten Männern und Frauen bis zur Ehe verboten. Einige Wochen später besuchte Shoshana David in Zürich. Bei einem Date in der Billiard-Halle gestanden sie sich ihre Liebe.

Nur vier Monate später wurde geheiratet. Zwei Wochen nach der Hochzeit wagte Shoshana den Schritt in ein neues Leben und zog in die Schweiz. Die 23-Jährige trägt lange Röcke, hochgeschlossene Oberteile und eine Perücke – wie es in vielen jüdisch-orthodoxen Gemeinschaften üblich ist. Auch David kleidet sich traditionell: mit weissem Hemd, Anzughose und einer Kippa, die jüdische Kopfbedeckung.

Eine junge Frau mit langem Rock und braunen langen Haaren läuft hinter einem Mann mit Einkaufswagen. Beide lachen.
Legende: Shoshana und David kaufen für ihr neues zu Hause ein. SRF

Der Neuanfang war nicht einfach: «Ich liebe ihn so sehr, dass ich alles für ihn zurückgelassen habe», sagt Shoshana. «Er hatte Angst vor dem Ungewissen der Ehe, ich vor dem Leben in einem fremden Land.»

In Panama war sich Shoshana ein anderes Leben gewohnt. Sie nutzen keine öffentlichen Verkehrsmittel und hatten Hausangestellte. «Kochen und Putzen musste ich erst lernen», sagt sie und lacht.

Auch religiöse Frauen können Stil haben.
Autor: Shoshana Frenkel

Heute übernimmt sie den Haushalt, nimmt freiberufliche Grafikaufträge an und versucht sich als Influencerin. Auf Instagram teilt sie Outfits und Einblicke in ihr Leben: «Ich möchte anderen orthodoxen Frauen zeigen: Auch religiöse Frauen können Stil haben.»

Ob beim Sport im Park, Einkaufen, Busfahren oder Kochen – Videoanrufe begleiten Shoshana durch den Alltag. Der tägliche Kontakt mit ihrer Familie in Panama helfe ihr, in der neuen Umgebung Fuss zu fassen und sich weniger allein zu fühlen. Auch ihr tägliches Gebet gebe ihr Halt und stärke die Verbindung zu Gott.

Ein Handy mit Videoanruf liegt auf der Küchenablage. Eine frau schält Zwiebeln und trägt jüdisch religiöse Kleidung.
Legende: Shoshana telefoniert mit ihrer Mutter in Panama und fragt nach Rezepten. SRF

Trotzdem ist das Heimweh da. «Wenn ich abends im Bett durch alte Fotos scrolle, weine ich oft», erzählt sie. David kennt das bereits: «Viele sagen, ich sei durch die Ehe mit Shoshana empathischer geworden.»

Shoshana hat bereits mehr Freunde als ich hier
Autor: David Frenkel

In Zürich baut sich die 23-Jährige Freundschaften auf, etwa mit ihrer Schwägerin Gila aus Amsterdam, die ebenfalls frisch verheiratet ist. David sagt schmunzelnd: «Shoshana hat schon mehr Freunde als ich hier.»

Am liebsten aber verbringt Shoshana Zeit mit ihrem Mann. «Manchmal frage ich David, ob ich ihm Mittagessen ins Büro bringen darf. Auch wenn er keinen Hunger hat, überrede ich ihn – Hauptsache, wir sehen uns», erzählt sie lachend.

Eine jung Frau, ein junger Mann und eine Frau sitzen am Esstisch und lachen im Gespräch vertieft.
Legende: Shoshana (Links), David (Mitte) und Davids Mutter, Esther, (rechts) sitzen gemeinsam am Esstisch. SRF

Beim Chanukka-Fest versammelt sich die ganze Familie Frenkel um den festlich gedeckten Tisch. Es wird Schweizerdeutsch und Englisch gesprochen, gelacht und erzählt. Davids Mutter Esther lächelt: «Es ist so schön, endlich Frauen am Tisch zu haben.» Die Dynamik habe sich dadurch verändert. Und sie ist überzeugt: Ihre Söhne David und Michi haben sich durch die Ehe zum Positiven verändert.

«SRF Impact Inside»

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«SRF Impact Inside» taucht ab in die Lebenswelten von jungen Schweizerinnen und Schweizern, die du bisher nicht kennst. Sie nehmen dich mit auf ihren Weg und zeigen dir ihre ganz eigene Art zu leben. Lass dich ein auf spannende Porträts, tiefe Einblicke, neue Perspektiven und kontroverse Themen.

Alle Folgen von «SRF Impact Inside» findest du auf Play SRF.

SRF 4, 07.5.25, 17:00 Uhr

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