Wir kennen es von Hotelübernachtungen: An Wochenenden kostet ein Zimmer oft mehr als unter der Woche. Oder Bergbahnen: Sie verlangen je nach Andrang am Sessellift mehr oder weniger für die Tageskarte. Mit KI bekommen Anbieter jetzt neue Möglichkeiten. So will die US-Fluggesellschaft Delta Tickets zu individuellen Preisen verkaufen – aufgrund von Daten, die sie von uns allen hat. Die Hintergründe kennt Digitalredaktor Julian Schmidli.
Wie steht es mit dem Datenschutz in der Schweiz oder in der EU?
Die Schweiz und die EU haben strengere Datenschutzgesetze als die USA. Und gerade wenn es um persönliche Daten von Einzelpersonen geht, ist die Hürde für die Nutzung solcher Daten ziemlich gross. Wenn eine KI direkt oder indirekt Zugriff auf unsere Standortdaten und unseren Browserverlauf haben könnte, dann würde es sich dabei um Daten aus sogenanntem Profiling mit hohem Risiko handeln. Es wären besonders heikle Daten, für deren Bearbeitung es eine explizite Zustimmung braucht und die deshalb wahrscheinlich nur sehr schwierig für personalisierte Preise anwendbar wären. Es geht also weniger darum, ob es gemacht wird, sondern eher darum, wie es gemacht wird.
Lässt sich die künstliche Intelligenz täuschen?
Eine KI bedient sich von einem riesigen Datenschatz, den Firmen im Netz kaufen und verkaufen. Ein grosser Teil dieser Daten kommt über sogenanntes Profiling zustande. Dabei wird unser Surfverhalten analysiert. Wenn man etwa beim Cookiebanner alles ablehnt, kann man recht gut verhindern, dass Profiling angewendet wird. Zusätzlich kann man einen Adblocker benutzen. Dies hilft, dass möglichst wenig Daten von einem selbst in dem Datenschatz landen.
Sind wir gläserne Konsumenten?
Ja. In den letzten 15 Jahren hat die Werbeindustrie das Internet mit Trackern und Cookies weitgehend ausstaffiert. Verhindert man dies nicht systematisch, beispielsweise mit einem Adblocker, wird überall mitgelesen. Die Daten landen anschliessend auf einem riesigen Marktplatz, meistens wird damit dann personalisierte Werbung ausgespielt. Aber es werden eben auch andere Dinge damit angestellt, beispielsweise solche Spielereien wie die personalisierten Flugpreise. Personalisierte Werbung funktioniert aber oft nicht so gut, wie es den Anschein macht, und die Daten auf dem Marktplatz sind oft von schlechter Qualität. Deshalb zweifle ich daran, dass dieses System von KI-personalisierten Preisen wirklich gut funktioniert.
Bezahlen wir schon bald auch bei den Detailhändlern unterschiedliche Preise?
Das könnte schon sein – aber es gibt verschiedene Bedenken. Das eine ist sicher das Rechtliche. Hier gibt es nicht nur Datenschutzbedenken, sondern auch wettbewerbsrechtliche. Der entscheidende Punkt ist jedoch das Gesellschaftliche: Wie wird das von uns Konsumentinnen und Konsumenten akzeptiert? Im Grunde kennen wir dies bereits von Flugtickets. Je nachdem, mit welchem Gerät und in welchem Land man sich auf ein Portal einloggt, bekommt man andere Preise für genau denselben Flug angezeigt. Die meisten merken das aber gar nicht. Bin ich nun aber an der Kasse, und der vor mir bezahlt plötzlich für den gleichen Liter Milch weniger als ich, merke ich das natürlich sofort. Die Detailhändler müssten sich fragen: Wollen wir das wirklich tun, nur weil man es mit KI plötzlich machen kann?