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Preisgestaltung durch KI Warum Fliegen teurer wird – und wir nichts dagegen tun können

Die US-Fluggesellschaft Delta Air Lines will künstliche Intelligenz bei der Preisgestaltung verwenden. Wie das funktioniert und warum wir uns davor nicht schützen können.

Wenn aktuell zwei Menschen zur gleichen Zeit online ein Flugticket kaufen, dann bezahlen sie aller Wahrscheinlichkeit nach denselben Preis. Künftig könnte sich dies ändern.

Die US-Fluglinie Delta Air Lines will mittels künstlicher Intelligenz Preise «personalisieren». So sollen bis Ende des Jahres 20 Prozent der Ticketpreise individuell festgelegt werden.

Die Fluggesellschaft bezeichnet die KI als einen «Super-Analysten», der rund um die Uhr arbeitet. Doch was bedeutet das für unser Portemonnaie bei der nächsten Flugbuchung?

So funktioniert KI-Preisgestaltung

Airlines nutzen bereits heute Daten über uns, um ihre Preise dynamisch anzupassen. So ist bekannt, dass die Ticketpreise teurer werden, wenn ein User oder eine Userin sich mit dem gleichen Gerät mehrmals die Preise anschaut – damit er oder sie auch wirklich bald bucht.

Doch sobald zusätzlich KI ins Spiel kommt, wird es richtig teuer. Wie funktioniert das genau? SRF hat Sarah Spiekermann gefragt. Sie ist Professorin für Wirtschaftsinformatik und digitale Ethik an der Wirtschaftsuniversität Wien.

«Die Airlines haben sehr, sehr viel Zugriff auf unsere persönlichen Informationen, zum Beispiel wie viel Geld wir verdienen, welchem sozialen Segment wir angehören und auch, wie locker wir mit unserem Geld umgehen.» Das ist laut Spiekermann in der Regel aus den sogenannten «Personal Data Markets» bekannt.

Unsere Daten werden rege im Internet verkauft

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Personal Data Markets (PDM) sind digitale Marktplätze, auf denen personenbezogene Daten gehandelt werden – entweder direkt von den betroffenen Personen selbst oder von Unternehmen, die diese Daten gesammelt haben.

Diese Daten beruhen auf unserem Verhalten als Nutzerinnen und Nutzer in den letzten 20 Jahren – seit wir alle im Internet surfen. So ist beispielsweise hinterlegt, wo wir wohnen, wo wir schon überall hingeflogen sind oder wie viel wir aller Wahrscheinlichkeit nach verdienen.

Die Airlines können über entsprechende Agenturen auf solche Profile zugreifen. Dann schätzt die KI unsere Zahlungsbereitschaft ein. «Beispielsweise ist ein Nutzer, von dem die KI weiss, dass er seinen Partner an einem bestimmten Tag in einer Stadt besuchen will, wohl eher bereit, mehr für einen Flug zu bezahlen als jemand, dem es egal ist, an welchem Tag er fliegt, und der etwas anderes vorhat», erklärt Spiekermann.

Können wir uns dagegen schützen?

Laut Spiekermann haben wir als Kundinnen und Kunden bei der Buchung keine Wahl. «Solange Unternehmen diese Art von unethischer Praxis ausleben und wir aber irgendwohin fliegen oder ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung beziehen wollen, haben wir keine Wahl.» Das einzige, was man tun könnte, wäre komplett auf eine Dienstleistung zu verzichten – sprich überhaupt nicht mehr zu fliegen.

Mensch geht am Flughafenfenster mit Flugzeug dahinter vorbei.
Legende: Künstliche Intelligenzen sind in der Lage, uns als Einzelpersonen zu analysieren und zu entscheiden, wie viel wir wohl für ein Flugticket zu bezahlen bereit sind. Keystone / CAROLYN KASTER

Spiekermann: «Aber das würde bedeuten, dass wir uns sozusagen herauskatapultieren aus dem Dasein, wie wir es heute führen, und auch aus dem Konsum von wichtigen Services wie Mobilität. Das heisst, wir sind diesen Praktiken komplett ausgeliefert.»

US-Senatoren kritisieren Einführung

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Drei demokratische US-Senatoren befürchten durch diese neue Praxis Nachteile für Passagiere. Es sei mit individualisierten Preiserhöhungen bis zum persönlichen «Schmerzpunkt» zu rechnen, schrieben die Senatoren Ruben Gallego, Mark Warner und Richard Blumenthal in einem letzte Woche bekannt gewordenen Brief an Delta-Chef Ed Bastian.

Die Senatoren berufen sich auf Aussagen eines Delta-Managers. Dieser soll Investoren erklärt haben, die KI sei in der Lage, Flugpreise auf der Grundlage einer Vorhersage darüber festzulegen, «wie viel die Leute bereit sind, für die Premiumprodukte im Zusammenhang mit den Basistarifen zu zahlen».

Delta wies das zurück: «Es gibt kein Tarifprodukt, das Delta jemals verwendet hat, derzeit testet oder zu verwenden plant, das Kunden mit individualisierten Angeboten auf der Grundlage von persönlichen Informationen oder anderweitig anspricht.» Die KI für dynamische Preisgestaltung werde getestet, um manuelle Prozesse zu eliminieren und gleichzeitig Analysen und Anpassungen zu beschleunigen, etwa bei der Vorhersage der Nachfrage nach bestimmten Flügen.

Doch könnte man künftig beim Surfen besser darauf achten, dass man weniger Informationen preisgibt?

Spiekermann winkt ab: «Nein, das hilft überhaupt nichts, weil wir heute über digitale Fingerprints identifiziert werden, also über sehr, sehr viele Einstellungen, die wir am Rechner haben. Und wir können uns dagegen nicht schützen.»

Expertin spricht von «unethischer Praxis»

Die Digitalethikerin gibt zu, dass KI-Preisgestaltung in der Logik gängiger ökonomischer Modelle absolut rational für eine Airline sei.

Doch aus Sicht der Konsumentinnen und Konsumenten sei dies unethisch: «Es ist unter Umständen nicht fair, dass beispielsweise ein Haushalt, der relativ wenig Geld hat, aber davon abhängt, dass der Vater pendelt und daher ein Flugticket braucht, jetzt extra zur Kasse gebeten wird – weil man weiss, dass er von diesem Heimflug am Wochenende emotional abhängig ist.»

SRF 4 News, 30.7.2025, 16:47 Uhr ; 

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