«Als ich den Text zu meinem Rücktritt ausformulierte, hatte ich einen grossen Knoten im Bauch.» So beschreibt Roger Federer den Moment, als er der Tenniswelt das Ende seiner Bilderbuch-Karriere über die sozialen Medien mitteilte. Es sei ein Entscheid gewesen, den er schon über zwei Monate mit sich herumgetragen habe, erzählt er bei «Gredig direkt».
In Wimbledon glaubte ich erst noch, dass ich auch im kommenden Jahr nochmals spielen würde.
Kurz nach seinem letzten Match in Wimbledon sei der Moment gekommen, sagt der Tennisstar im Gespräch mit Urs Gredig. «In Wimbledon glaubte ich erst noch, dass ich auch im kommenden Jahr nochmals spielen würde, doch in den darauffolgenden Wochen merkte ich, dass ich mit diesem Knie nicht mehr das Niveau halten kann.»
Es habe ihn erstaunt, dass nach der Niederlage damals kein einziger Journalist seine Knieprobleme angesprochen habe. Das sei wohl auch neben dem Platz eine seiner Stärken, meint Roger Federer dazu. «Ich konnte offenbar meine Schwächen immer gut verstecken.»
Richtiger Zeitpunkt für Rücktritt
Der Entscheid schmerze, doch er wisse, dass er richtig sei. Eigentlich seien schon die letzten fünf Jahre eine Art Supplement gewesen, gibt Federer zu verstehen. Seit der Verletzung am Meniskus habe er immer wieder am Punkt gestanden, wo er gemerkt habe, dass es nicht mehr ganz so geht, wie früher.
Man muss nicht aufhören, wenn ein Märchen noch im Gange ist.
Er sei nun aber froh, dass es jetzt draussen sei, der Zeitpunkt sei richtig. «Man muss nicht aufhören, wenn ein Märchen noch im Gange ist», findet der Schweizer Ausnahmespieler. Auch wenn man dies oft höre, sei für ihn immer klar gewesen, dass man nicht zwingend auf dem Höhepunkt einer Karriere aufhören müsse.
Kritik braucht's laut Federer
Roger Federer wäre nicht Roger Federer, wenn nicht auch seine Entourage ihren festen Platz hätte. Dies macht er im Gespräch mit Urs Gredig einmal mehr klar. Ohne seine Familie, seine Trainer, seine engen Mitarbeiter, wäre das epische Federer-Tennismärchen nie möglich gewesen. Zentral sei dabei auch die Kritikkultur, und die habe er sich auch etwas kosten lassen.
«Ich zahlte meine Mannschaft, damit sie mich auch kritisierte. Ich erlaubte ihnen immer, mir die Wahrheit zu sagen.» Oftmals werde Superstars nicht mehr widersprochen, doch dies sei wichtig, ist Roger Federer überzeugt.
Auch wenn Bescheidenheit auf den ersten Blick schwer mit einem Multimillionär zusammenpasst, so schafft es Federer im Gespräch einmal mehr, einen sympathisch bescheidenen Eindruck zu hinterlassen.
Und wenn dann der grösste Tennisstar aller Zeiten sagt: «Ich wollte nie perfekt sein, dafür aber immer authentisch bleiben und mich selber sein», dann glaubt man ihm das sogar. Denn schliesslich standen die folgenden Worte schon ganz am Anfang seiner Karriere auf der Webseite: «It’s nice to be important, but it’s more important to be nice.» (Es ist nett, wichtig zu sein, aber es ist viel wichtiger, nett zu sein).
Abschied von den Fans
Zu den Nettigkeiten Federers gehört denn auch der Respekt vor seinen Fans. Für die wolle er auch in Zukunft noch da sein, lässt King Roger durchblicken. Es sei für ihn klar, dass das Spiel am Laver Cup nicht der letzte Auftritt sein werde.
Sein grosser Wunsch sei, dass er auch in Zukunft noch solche «Exhibition-Matches» halten könne, nicht zuletzt auch um sich noch einmal gehörig von seinen Fans zu verabschieden, betont Roger Federer.