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Glückspiel im Internet Darum machen digitale Sportwetten schneller süchtig

Auf die Sieger der Frauenfussball-WM tippen oder auf ein Windhunderennen in Australien setzen – bei online Sportwetten liegen Spass und Sucht nah beieinander. Vier Gründe, warum online Sportwetten eher süchtig machen als der traditionelle Wettschein.

1 – Immer und überall

Wenn man online spielt, muss man dafür nicht extra ins Casino gehen. Man kann mitten in der Nacht zu Hause vor dem Bildschirm sitzen und dem Wettspiel frönen - und bleibt dabei anonym. Beim klassischen Sportwetten gibt es eine soziale Kontrolle, wenn man in der Öffentlichkeit einen Wettschein ausfüllt. Online fällt dieser «verräterische» Akt weg.

Wie funktionieren Sportwetten

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Bei Sportwetten setzt man Geld auf ein bestimmtes Ereignis in einem Sportevent – zum Beispiel welche Mannschaft gewinnt oder wieviele Tore fallen.

Hat man richtig getippt, bekommt man den Einsatz plus einen Gewinn zurück. Je unwahrscheinlicher das Ergebnis, desto höher der potenzielle Gewinn. Liegt man falsch, ist der Einsatz weg.

Der Wettanbieter (der «Buchmacher») nutzt den Einsatz der Verlierer, um den Siegern ihren Gewinn auszuzahlen. Dabei zahlt er aber nicht alles aus («Ausschüttquote»), sondern behält einen Teil für sich.

Das heisst, auch bei Sportwetten gilt: Die Bank gewinnt immer - und die Spieler verlieren immer, spätestens nach einigen Spielen.

Dank des Smartphones kann man wirklich jederzeit und überall spielen – im Bus, auf der Arbeit, auf dem Klo. Das Wetten fügt sich nahtlos in den Alltag ein und wird so sehr schnell zur Gewohnheit.

2 – Schnell und viel

Das Angebot ist online nahezu grenzenlos. Fast jede Sportart, fast überall auf der Welt, ist verfügbar. Ob Futsal in Argentinien oder Cricket in Bangladesch, irgendetwas läuft immer.

Auch bei der Art der Wette ist die Auswahl gross: Nicht nur, wer gewinnt, sondern auch, ob das letzte Goal ein Kopfball ist oder ob der erste Eckball in unter 8 Minuten gegeben wird, kann getippt werden.

Sind Sportwetten legal?

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Sportwetten sind in der Schweiz legal. Allerdings dürfen nur zwei Anbieter Sportwetten anbieten: Sporttip von Swisslos in der Deutschschweiz, im Tessin und in Lichtenstein, und Jouez Sport der Loterie Romand in der französischen Schweiz.

Wer bei ausländischen Anbietern spielt, macht sich zwar nicht strafbar, ist aber nicht geschützt. Denn dort gilt der Schweizer Spielerschutz nicht und bei Problemen ist das Gericht am Sitz der Anbieter zuständig.

Wie schnell ein Spiel süchtig macht, hängt stark vom Takt ab, also davon, wie rasch nacheinander man spielen kann. Bei traditionellen Sportwetten ist die Frequenz sehr langsam: Man wettet auf ein Spiel und wartet dann mindestens so lange, wie das Spiel dauert.

Ganz anders bei sogenannten Live-Wetten: Hier wird getippt, während das Spiel läuft. Was ist der Stand zur Halbzeit? Wer schiesst das nächste Tor? Der Takt ist hoch – für reflektierte Entscheidungen bleibt wenig Platz.

Der Anteil Risikospieler ist bei Live-Wetten rund dreimal höher als bei Wetten, die vor dem Spiel abgeschlossen werden.

3 – Digital

Geld digital auszugeben, fällt viel leichter als bar: Per Knopfdruck wird Guthaben ins Konto geladen, beim Setzen fühlt man kaum, dass Geld verschwindet.

Entsprechend leicht ist es, den Faden zu verlieren, wie viel man eigentlich ausgegeben hat. Im Gegensatz zu den Gewinnen: Diese werden meist prominent angezeigt.

Info und Beratung

Auch das Design der Wettplattform kann eine Sucht begünstigen. Sieht etwas farbig und fröhlich aus, wirkt das auf das Belohnungssystem des Gehirns und signalisiert ihm: «Es macht Spass, zu spielen!»

4 – Daten

Online Wettanbieter können alles, was ein Spieler auf ihrer Webseite oder App macht, registrieren und auswerten. Diese Daten können sie für Marketing einsetzen.

Zum Beispiel können die Betreiber Personen herausfiltern, bei denen die Wahrscheinlichkeit besonders gross ist, dass sie viel Geld ausgeben werden, und diese gezielt bewerben. Oder sie können Spieler und Spielerinnen mit Gratisrunden von einem Spiel in ein anderes locken.

Glückspiel in der Schweiz – Zahlen und Fakten

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  • Jeder sechste Mensch in der Schweiz spielt mindestens einmal pro Monat ein Geldspiel. (2017)
  • 200'000 Menschen , rund drei Prozent der Schweizer Bevölkerung, haben ein risikoreiches oder krankhaftes Glücksspielverhalten. (2017)
  • 14% der Sportwetten-Spieler zeigen ein risikoreiches Spielverhalten. Das ist deutlich mehr als z.B. Lotto (5%) und sogar leicht mehr als bei Casino-Maschinen (14%). Bei ausländischen Anbietern ist der Anteil vermutlich deutlich höher (~22%). (2017)
  • 257'000 Franken Schulden haben Problemspieler im Schnitt bereits, wenn sie bei der Suchtberatung Hilfe suchen. (GREA)

Mit Push-Nachrichten können die Anbieter Spieler motivieren, öfter zu spielen. Und wenn der Algorithmus merkt, dass jemand kurz davor ist, aufzuhören, kann eine gezielte Promotion helfen, ihn wieder ins Spiel hineinziehen.

SRF 3, 19.07.2023, 15:40 Uhr

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