Social Media in der Kirche: Priester präsentieren sich auf Tiktok, Instagram und Facebook locker und flockig, sprechen Alltägliches und Lebensfragen an – natürlich vor religiösem Hintergrund. Zielgruppe: Kirchenferne. Don CosimO Schena beispielsweise, Priester aus Süditalien, stets stylish frisiert, trägt weissen Stehkragen und eng sitzendes Hemd. Schena studierte Informatik, war verlobt und entschied sich dann für Theologie. Auf Instagram inszeniert er sich in Topform. Anfangs kritisierten Kollegen seine Onlineaktivitäten als zu weltlich.
Viele Priester würden sich als gut aussehende Influencer inszenieren, ordnet SRF-Italien-Korrespondent Franco Battel ein. Medien berichten vor allem über junge, attraktive Priester. Manche Priester treten mit ungewöhnlichem Image auf: Giuseppe Fusari, der «Bodybuilder»-Priester, oder Chris Lee, anglikanischer Pfarrer, dessen Videoposts auf Tiktok und Instagram von seiner überschäumenden Begeisterung getragen werden. Die katholische Kirche entdeckte soziale Medien allerdings lange bevor diese Priester auf Tiktok, Instagram und Facebook aktiv wurden. Viele der kirchlichen Angebote sind indes weniger spektakulär. Manche Auftritte wirken traditionell und altbacken und generieren weniger Publikum. Wer viele Klicks wolle, müsse heute professionell auftreten, sagt Battel. Papst Leo XIV. generiert die meisten Klicks.
Der Vatikan hat dementsprechend eine gut ausgestattete Medienabteilung. Neben Radio Vatikan und Osservatore Romano setzt Rom auf digitale Kanäle. Laut Battel sollten im Rahmen der notwendigen Professionalität Frauen noch stärker in die neuen Medien eingebunden werden. «Genau da muss aber der Vatikan und müssen auch sehr viele Pfarrgemeinden noch erheblich zulegen», sagt Battel.
Cyber-Apostel: Der Vatikan erkennt das Potenzial sozialer Medien und ermuntert zu deren Nutzung im Dienst der Kirche. Im September wird Carlo Acutis, der erste grosse Influencer der katholischen Kirche, heiliggesprochen. Er nutzte das Internet für die Verbreitung biblischer Botschaften. Die Heiligsprechung zeigt, dass die Kirche neue Medien als zentral einstuft, um Junge anzusprechen.
Digitale Jugend: In Europa und Nordamerika hat fast jeder Jugendliche ein Handy. Trotzdem hat die Kirche Mühe, junge Menschen anzusprechen, sagt Italien-Korrespondent Franco Battel. Die Zahl der Jugendlichen mit wenig Religionswissen steige. Die Kirche muss digitale Kanäle nutzen, um die junge Generation zu erreichen. Klicks können aber reales Gemeindeleben, Gottesdienste und Hilfe für Bedürftige nicht ersetzen. Viele Jugendliche verbringen viel Zeit mit dem Handy. Die kirchliche Nutzung von Smartphones könnte nach Ansicht Battels die Vereinsamung auch weiter fördern. «Es geht ja auch in Kirchgemeinden um die Hilfe für Bedürftige oder um das direkte Gespräch, um gemeinsame Ausflüge zum Beispiel. Das alles ist über Internet natürlich nicht zu haben.»