Einst langweiliges Grundnahrungsmittel, ist frisch gebackenes Brot heute wieder ein Ereignis. In Mikro-Bäckereien stehen Menschen Schlange – und selbst Popstars backen ihren eigenen Sauerteig.
Was 2020 als Pandemie-Beschäftigung in den eigenen vier Wänden begann hält bis heute an. Menschen kneten, tauschen Rezepte und pflegen ihre selbst gezogenen Sauerteigkulturen wie Haustiere.
In den Sozialen Medien werden die teils kreativ verzierten Krusten unter Hashtags wie #sourdoughselfie stolz präsentiert.
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Bild 1 von 4. Was als Pandemie-Hobby begann, hat sich zum sozialen Phänomen entwickelt. Bildquelle: Instagram / manolis_chatzitalas.
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Bild 2 von 4. Schnittmuster und schöne Verzierungen der Kruste gehören auf Instagram natürlich dazu. Bildquelle: Instagram / kirstenspantry.
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Bild 3 von 4. Unter Hashtags wie #sourdoughselfie oder #breadselfie zeigen sie stolz, was im Ofen gelungen ist. Bildquelle: Instagram / careofkeene.
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Bild 4 von 4. Menschen auf der ganzen Welt posieren heute mit ihren selbstgebackenen Broten. Bildquelle: Instagram / elchedefrance.
Sauerteigbrot trifft den Zeitgeist: Es braucht Zeit, wenige Zutaten und ein Minimum an Technik – und genau das fasziniert viele. Wer backt, weiss, was drin ist, und erlebt einen greifbaren Erfolgsmoment, der im digitalen Alltag selten geworden ist.
Gleichzeitig bieten lange Teigreife und natürliche Fermentation Geschmack und Verträglichkeit, die Industrieprodukte oft nicht erreichen.
Auftritt des Swift’schen Showbrots
Auch Popstar Taylor Swift gehört zu denjenigen, die irgendwann zwischen Lock- und Shutdown das Brotbacken für sich entdeckt haben. Mit ihren selbst gebackenen Sauerteigbroten inspirierte sie Millionen Fans, es ihr gleichzutun.
Swifts Sympathie für Selbstgebackenes strahlt nun auch auf ihr musikalisches Werk aus: Im Musikvideo zum Song «The Fate of Ophelia» verschafft Swift ihrem eigens fabrizierten Mehl-Erzeugnis subtil einen Platz im Rampenlicht.
Wenn der Teig im Hotel eincheckt
Wie leidenschaftlich die Bindung zum Brot inzwischen ist, zeigt sich auch in Uster: Dort betreibt Bäckermeister Martin Mayer ein kleines Sauerteighotel. Fahren die «Teig-Eltern» in die Ferien, können sie ihren Sauerteig in der Bäckerei zur täglichen Hege und Pflege abgeben.
«Eine Sauerteigkultur muss man jeden Tag füttern, damit sie aktiv bleibt und man ein schönes Backresultat bekommt», erklärt Mayer.
Mehr Sensibilität für Handwerk und Haltung
In vielen Schweizer Städten entstehen zudem aktuell Mikro-Bäckereien – kleine Backstuben, die auf Handwerk statt Massenproduktion setzen. Gebacken wird in kleinen Mengen, mit regionalem Mehl, langen Ruhezeiten und ohne Zusatzstoffe.
Trotz ihrer geringen Kapazität sind sie keine Hobbyprojekte. Viele arbeiten mit Vorbestellungen oder Brot-Abos: Die Kundschaft bestellt online und holt ihre Laibe zu festen Zeiten ab. Die Brote kosten mehr als im Supermarkt – bezahlt wird hier aber nicht einfach das Produkt, sondern Haltung und Handwerk.
Brot war immer Teil des Alltags, ist heute aber auch Ausdruck eines neuen Bewusstseins. «Brotbacken ist etwas Magisches», sagt eine Besucherin am ersten Zürcher Brotfest. Und wer dem Duft von frisch gebackenem Sauerteigbrot folgt, versteht sofort, warum.