Als erste Stadt der Schweiz bietet Freiburg ihren Mitarbeiterinnen einen Menstruationsurlaub an. Die Angestellten der Stadt können bei starken Menstruationsbeschwerden drei Tage pro Monat ohne Krankschreibung der Arbeit fernbleiben.
Das Stadtparlament hat einen Vorstoss von SP, Grünen und Grünliberalen Politikerinnen gutgeheissen. Denn, «die Menstruation ist etwas Natürliches und es ist wichtig, dass wir in der Gesellschaft offen darüber sprechen», sagt Sonja Gerber, Generalrätin der SP Freiburg, im Tagesgespräch.
Die gesetzliche Verankerung rückt das Thema in die Öffentlichkeit, was zur Enttabuisierung beiträgt.
Braucht es eine gesetzliche Verankerung des Menstruationsurlaubs? Nein, meint die Freiburger FDP-Generalrätin Océane Gex. Sie ist sich mit Sonja Gerber einig, dass die Menstruation in der Gesellschaft enttabuisiert werden muss. Die Frage sei nur, wie. Sie ist eine der wenigen Parlamentarierinnen, die gegen den Menstruationsurlaub gestimmt hat. «Die neue Regelung bringt keinen Mehrwert. Schon heute hat jeder das Recht, sich drei Tage ohne Arztzeugnis krankzumelden.»
Da nur die Mitarbeiterinnen der Stadt Freiburg von einem Menstruationsurlaub profitieren, wäre laut Gex eine Präventionskampagne zielführender. «Ich bin überzeugt, dass eine breite Sensibilisierung der Gesellschaft für Menstruationsbeschwerden mehr bringen würde als die neue Regelung», so Gex.
Sonja Gerber von der SP hingegen sieht das Gesetz als Chance. Es sei ein wichtiger Schritt, damit sich Frauen nicht mehr für ihre Menstruation schämen müssten. «Die gesetzliche Verankerung rückt das Thema in die Öffentlichkeit, was zur Enttabuisierung beiträgt», so Gerber.
Dass der Beschluss des Stadtparlaments zu einer breiten öffentlichen Debatte geführt hat, sieht auch Gex so. Die FDP-Politikerin gibt aber zu bedenken: «Ich bezweifle, dass die Diskussion länger als zwei Wochen anhält.»
Krankheit oder nicht?
Das Argument, Frauen könnten sich bereits heute ohne Arztzeugnis drei Tage krankmelden, verzerrt für SP-Generalrätin Sonja Gerber die Diskussion. «Die Menstruation ist keine Krankheit.»
Es gebe Erkrankungen der Gebärmutter, die zu starken Schmerzen führten, sagt Gerber. So seien in der Schweiz 10 bis 15 Prozent der Frauen von krankhaften Wucherungen der Gebärmutterschleimhaut, der sogenannten Endometriose, betroffen.
Es gebe aber auch Frauen, bei denen keine Krankheit diagnostiziert werde und die trotzdem unter starken Schmerzen litten. «Der Schmerz ist ein Symptom und kommt in diesem Fall nicht von einer Krankheit, sondern von einem natürlichen Vorgang im Körper der Frau», so Gerber.
Wenn eine Frau wegen starker Menstruationsbeschwerden nicht arbeitsfähig ist, handelt es sich sehr wohl um Krankheitssymptome.
Océane Gex von der FDP teilt die Meinung ihrer Amtskollegin nicht: «Wenn eine Frau wegen starker Menstruationsbeschwerden nicht arbeitsfähig ist, handelt es sich sehr wohl um Krankheitssymptome». Die Sonderregelung für die Menstruation bringe laut Gex unweigerlich die Frage nach weiteren Sonderregelungen auf den Tisch. «Was ist mit Menschen, die an Burn-out oder Migräne leiden? Oder kommt als Nächstes ein Menopause-Urlaub für Frauen und ein Andropause-Urlaub für Männer?»