In vielen Kantonen beginnen die Sommerferien. Damit geht ein weiteres Schuljahr zu Ende. Für viele Kinder und Lehrerinnen und Lehrer geht es nach den Sommerferien weiter; aber nicht für alle. Manche Kinder schliessen die Schule ab; und manche Lehrpersonen werden trotz Lehrermangel pensioniert.
«Früher war ich eine gute Lehrerin, wenn im Klassenzimmer Ruhe herrschte. Wenn alle 26 Kinder das gemacht haben, was ich ihnen gesagt habe», sagt Marie-Luise Fehlmann. Heute sei sie eine gute Lehrerin, «wenn ich mit den Kindern eine gute Beziehung habe. Dann akzeptieren sie auch, wenn ich mal etwas bemängeln muss. Ich achte darauf, dass ich sie auch wertschätze und lobe, wenn etwas gut ist.»
Vom Fräulein zur Frau
Marie-Luise Fehlmann ist seit 43 Jahren Lehrerin. Seit 42 Jahren, seit 1980, unterrichtet sie im gleichen Schulhaus – im Buchsee in Köniz bei Bern: «Als ich angefangen habe, war ich das Fräulein Steiner. Damals musste man heiraten, damit man als Frau angesprochen wurde. Mit manchen Lehrern der Oberstufe war ich zudem per Sie. Sie entschieden, wann man sich zu duzen begann.»
Auch zu den Kindern sei der Kontakt distanzierter gewesen, nun sei das anders. Das beginne schon am Morgen, denn die Schule beginnt nicht einfach um Punkt acht, sondern die Kinder können zwischen acht und zwanzig nach eintrudeln, wann sie wollen: «Das ist die Zeit, die ich habe, um auch einzeln mit Kindern zu reden und ihnen zuzuhören. Manchmal sieht man es einem Kind an, wenn es ins Zimmer kommt, dass es ihm vielleicht nicht so gut geht.»
Es war mein Traumberuf. Eigentlich möchte ich nicht aufhören.
Marie-Luise Lehmann ist eigentlich Oberstufenlehrerin, aber als sie die Ausbildung abschloss, habe sie als Frau in der Oberstufe keine Stelle bekommen. Deshalb wechselte sie in die Primarschule. Die letzten 17 Jahre unterrichtete sie mit einer Kollegin eine Basis-Stufen-Klasse, vom ersten Kindergarten bis zur zweiten Primarschule: «Es war mein Traumberuf. Eigentlich möchte ich gar nicht aufhören.»
Innovatives Kollegium
Aber jetzt zieht sie einen Strich, sie freue sich auf andere Projekte, auf mehr Freizeit, und mehr Zeit auch mit ihrem Mann, der vor 14 Jahren einen Hirnschlag erlitten habe: «Für mich war klar, dass ich den Beruf nicht aufgebe. Dieser Beruf gibt mir sehr viel. Klar gibt es auch Tage, an denen es nicht so schön ist. Aber mehrheitlich ist es für mich das Paradies, auch dass wir im Team arbeiten können.»
Zu ihrem Paradies gehören auch die klassenübergreifenden Projekte und das innovative Lehrerkollegium, deshalb sei sie auch 42 Jahre an der gleichen Schule geblieben. «Der Beruf war für mich glücklicherweise kaum belastend. Mehrheitlich habe ich sehr schöne Sachen erlebt», sagt sie. Für sie war es ihr Traumberuf, viele andere hören damit auf, was sie auch verstehen kann: «Es braucht mehr Wertschätzung. Mit Corona hat sich das etwas geändert, da waren viele Eltern froh, dass man die Kinder wieder übernimmt.»