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Ungebrochener Reiz Faszination All: Warum schauen wir in den Himmel?

Seien es der Blutmond von letzter Nacht oder die neuen Bilder des James-Webb-Teleskops: weshalb uns das All fasziniert.

Viele sind hinausgeströmt in die Nacht und haben in den Himmel geschaut. Sie alle waren fasziniert vom Spektakel am Himmel: dem Blutmond und der Mondfinsternis. Warum schauen wir Menschen seit Jahrtausenden in den Himmel?

Blutmond: Das sind die zehn schönsten Bilder unserer User

Auf der Strasse sind unterschiedliche Beweggründe zu hören: «Ich empfinde tiefe Ehrfurcht ob der Unendlichkeit», «man kommt ins Träumen und denkt an die Unendlichkeit», oder «es gibt einem Geborgenheit», heisst es da etwa.

Sterne mit praktischem Nutzen

Auch die Fachfrau hat in der Nacht gebannt in den Himmel geschaut: «Eine Mondfinsternis ist wissenschaftlich nicht wahnsinnig aufregend, aber zum Anschauen ist es wunderschön und faszinierend», erklärt Kathrin Altwegg, Weltraumforscherin und emeritierte Professorin der Uni Bern.

Wir Menschen sehen im Jahr 2025 dasselbe wie unsere Ur-Ur-Urahnen vor Tausenden von Jahren, etwa Kometen. Altwegg hat zu Kometen geforscht: «Wir wissen zum Beispiel vom Kometen Harry, der zum ersten Mal 240 v. Chr. beobachtet wurde. Alle 76 Jahre, also etwa nach einem Menschenleben, kommt er erneut, und er wurde seither 30-mal beobachtet.»

Alleine der Gedanke, dass die alten Chinesen oder Babylonier den Kometen ebenfalls beobachtet hätten, sei sehr faszinierend, so die Expertin.

«All regt zum Nachdenken an»

Die Sterne erfüllten früher auch einen praktischen Nutzen. «In der Nacht erkennt man den Norden anhand des Grossen Bären, im Süden ist es das Kreuz.» Diese Orientierung helfe enorm, so Altwegg. «Die Sterne waren bis zur Erfindung des GPS lange Zeit unser Wegweiser, insbesondere in der Nacht und auf dem Meer.»

Atemberaubende Aufnahmen des James-Webb-Teleskops

Auch heute noch schauen wir Menschen zu den Sternen, die Faszination ist ungebrochen. «Das All ist zum Anschauen unheimlich schön und regt zum Denken an.» Was fasziniert die Wissenschaftlerin, wenn sie in den Himmel schaut? «Es ist spannend, was wir herausfinden können, wenn wir die Sterne, die Galaxien oder das Universum mit Instrumenten wie einem Teleskop betrachten.»

Dabei würden sich viele spannende Fragen stellen: «Wie ist das Ganze entstanden? Wie hat es sich entwickelt? Wie entsteht ein Planet? Wie entsteht ein Stern? Wie kann Leben entstehen? Was wird mit dem Sonnensystem, der Erde oder dem Universum passieren?»

Bilder wie Gemälde

Die Nasa hat eine Aufnahme des James-Webb-Teleskops veröffentlicht, das die Entstehung Tausender neuer Sterne im Sternenhaufen Pismis 24 zeigt. Bilder wie Gemälde. Michelangelo könnte sie gemalt haben. «Das Problem bei James-Webb ist, dass das Ganze in Infrarot beobachtet wird. Das menschliche Auge sieht Infrarot nicht, die Bilder sind eingefärbt», sagt Altwegg.

Wie aus Daten Bilder entstehen

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dreigeteiltes Bild einer Weltraumaufnahem. Links fast ganz scfhwarz, mitte schwarzweiss, rechts farbig
Legende: Säulen der Schöpfung: Die unbearbeiteten Teleskopbilder von Webb erscheinen zunächst fast vollständig schwarz (links). Sie werden zunächst von Bildprozessoren in scharfe Schwarz-Weiss-Bilder (Mitte) und anschliessend in Vollfarbkompositionen (rechts) umgewandelt. NASA, ESA, CSA, STScI

Die Bilder des James-Webb-Teleskops kommen als Datensätze im Binärcode, also lange Listen von Nullen und Einsen, vom Weltall zum Space Telescope Science Institute (STScI) in Baltimore, wo speziell dafür ausgebildetes Personal das fertige Bild produziert. Die Daten werden dort in Schwarzweissbilder umgewandelt, die zunächst jedoch fast ausschliesslich schwarz sind. Das bedeutet jedoch nicht, dass da keine Informationen sind.

Das Webb-Teleskop beobachtet Infrarotlicht, also Licht ausserhalb unseres sichtbaren Spektrums. Ein Bild wird mehrmals durch unterschiedliche Filter eingefangen, die speziell dafür designt sind, unterschiedliche Elemente oder Moleküle sichtbar zu machen. Durch strecken und skalieren können die Informationen der verschiedenen Filter erfasst und sichtbar gemacht werden. Übereinandergelegt ergeben diese Bilder ein erstes, einheitliches Bild.

Die verschiedenen Filter werden dann den unterschiedlichen Farbkanälen zugewiesen, um sie an die vom menschlichen Auge wahrgenommene Farbpalette anzupassen. Blau, Grün und Rot, je nach Länge der Lichtwellen. Diese Leistung gleicht einer Übersetzung in eine für uns verständliche Farbsprache. Nur durch diese Übersetzung können wir die Farben überhaupt sehen und erkennen, welche Informationen im Bild versteckt sind.

Für die Feineinstellung der Bilder werden die Grundsätze der Bildbearbeitung berücksichtigt. In Zusammenarbeit mit denjenigen, die die Beobachtung geleitet haben, entsteht so ein ästhetisch ansprechendes und gleichzeitig wissenschaftlich korrektes Abbild des Universums.

Die neuen Bilder des Teleskops bringen die Urknall-Theorie durcheinander. Das Universum ist vielleicht doch nicht ganz so entstanden, wie wir bislang gedacht haben. «Wir müssen beim Urknall nochmals über die Bücher.»

Nur fünf Prozent sind bekannt

Je mehr die Forschung herausfindet, desto mehr neue Fragen stellen sich. Oder wie es Platon sagen könnte: Die Weltraumforschung weiss, dass sie nichts weiss. «Die aktuelle Hypothese geht davon aus, dass unser Universum aus fünf Prozent sichtbarer Materie besteht. Die restlichen 95 Prozent sind unbekannt. Wir haben keine Ahnung, was die dunkle Materie genau ist. Von der dunklen Energie ist noch viel weniger bekannt», sagt Altwegg.

Und so dreht sich die Erde weiter und wir schauen Nacht für Nacht hinauf. Mit unseren grossen und kleinen Fragen, Gedanken und Gefühlen.

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SRF 4 News, 8.9.2025, 17:14 Uhr ; 

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