Zum Inhalt springen

Header

Zur Übersicht von Play SRF Audio-Übersicht

Intakte Häuser in Blatten «Es fühlt sich an wie Heimweh – und es ist hart, wieder zu gehen»

Nach dem Bergsturz kehren Bewohner in ihre Häuser nach Blatten zurück – und verabschieden sich dann für den Winter.

Adrian Kalbermatten und Brigitte Dirren stehen vor ihrem Haus in Blatten – sie dürfen zurück, aber nur kurz. Der Winter naht, die Kälte drückt, und trotzdem ist es ein Moment voller Emotionen. «Es fühlt sich an wie Heimweh. Es ist ein schöner Moment, nach Hause zu kommen. Aber hart, dann wieder zu gehen», sagt Kalbermatten. Ihr Haus liegt etwas ausserhalb des Dorfs am Hang und blieb beim Bergsturz unbeschädigt.

Blatten
Legende: Das Haus von Adrian Kalbermatten und Brigitte Dirren ist nach dem Bergsturz zwar noch intakt – noch müssen sie aber auf die Rückkehr warten. SRF

Schlafzimmer, Stube, Balkon – alles steht in ihrem Haus noch so, wie sie es verlassen haben. Wasser und Strom funktionieren wieder. Bald müssen sie jedoch für den ganzen Winter Abschied nehmen – und hoffen, dass sie im nächsten Jahr dauerhaft zurückkehren können.

Wir haben alles, was man braucht. Und trotzdem ist es dort nicht unser Zuhause.
Autor: Brigitte Dirren Bewohnerin Blatten

Ein halbes Jahr nach dem verheerenden Berg- und Gletschersturz hat sich Blatten stark verändert. Der See, der sich nach dem Abgang gebildet hatte, ist inzwischen um mehrere Meter abgesunken.

So sieht Blatten nach dem ersten Schnee aus

Für die Häuser, die im Wasser standen, gibt es keine Zukunft mehr – die Gefahr von Hochwasser bleibt zu gross. Weiter oben im Tal sieht es anders aus: Hier liegen Zonen, die laut der neuen Gefahrenkarte als sicher gelten. Zu diesen gehört das Haus von Kalbermatten und Dirren – sie hatten Glück im Unglück.

Herzschmerz im Schlafzimmer

Im Haus ist es kälter als gewohnt, aber bewohnbar. «Man kann sogar hier sein ohne zu heizen», sagt Kalbermatten. Doch das wird sich bald ändern: Minus zehn Grad und zwei Meter Schnee sind in Blatten im Winter keine Seltenheit.

Blatten
Legende: Brigitte Dirren in ihrem Schlafzimmer – wo sie noch einige Zeit nicht schlafen darf. SRF

Es gilt, das Haus winterfest zu machen. Die Bodenheizung musste entleert werden, damit nichts gefriert. Heute packen sie warme Kleidung ein – viel Platz gibt es jedoch nicht in ihrer kleinen Übergangswohnung zwei Dörfer weiter.

«Wir haben alles, was man braucht. Und trotzdem ist es dort nicht unser Zuhause», sagt Dirren. «Ich nehme Bettzeug mit, damit es wenigstens ein bisschen unser Heim ist. Aber es tut im Herzen weh, wieder gehen zu müssen», sagt sie mit bewegter Stimme.

Hoffnung und harte Realität

Für das Paar gibt es Hoffnung: Ihr Haus liegt in einer sicheren Zone. Andere haben weniger Glück – ältere Menschen, die nicht neu bauen können, werden Blatten wohl nie mehr sehen.

Gefahrenkarte von Blatten.
Legende: Das Haus der beiden liegt in der sicheren Zone von Blatten SRF

Die aktualisierte Gefahrenkarte zeigt: Es gibt Gebiete für einen Neubeginn. «Die eingefleischten Blattner werden zurückkommen», glaubt Kalbermatten. «Nicht alle, aber die meisten.»

Haus Blatten
Legende: Adrian Kalbermatten will so bald wie möglich in sein Haus zurückkehren. Noch muss er sich aber gedulden. SRF

Bis sie in ihr trautes Heim zurückkehren können, eventuell schon nächsten Frühling, bleibt das Haus leer. Zahlen müssen sie trotzdem. Denn die Hypothek läuft weiter. «Die Bank ist uns nicht entgegengekommen. Wir zahlen unsere Zinsen weiter», sagt Kalbermatten.

Jemand muss den Anfang machen und ins Dorf Blatten zurückkehren.
Autor: Brigitte Dirren Bewohnerin Blatten

Dennoch wollen sie ihr Haus nicht loslassen, sondern so bald wie möglich zurückkehren und so Blatten Hoffnung geben. «Jemand muss den Anfang machen und ins Dorf zurückkehren», sagt Dirren. «Wenn wir nicht zurückkommen, macht es niemand.»

Für sie ist klar: Sie wollen zurück – auch wenn der Weg lang und steinig bleibt.

Bergsturz von Blatten zerstört historisches Dorf

Schweiz aktuell, 20.11.2025, 19 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel