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100 Milliarden Dollar-Kredite Reichste Länder greifen Afrika mit Geld unter die Arme

Die IWF-Kredite könnten schon bald fliessen – zur Abfederung der Pandemie. Das Geld soll auch den chinesischen Einfluss in Afrika eindämmen.

Afrika leidet stark unter den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie. Um diese abzufedern, fand am Dienstag auf Initiative des französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Paris ein Gipfeltreffen zwischen zahlreichen afrikanischen Staatschefs und europäischen Politikerinnen statt. Ebenso dabei waren die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF).

Ergebnis des Treffens: Über den IWF könnten schon bald 100 Milliarden Dollar an Krediten für Afrika mobilisiert werden. Insgesamt gebe es einen Finanzierungsbedarf für Afrika in Höhe von 285 Milliarden Dollar bis 2025, sagte Macron nach dem Gipfel.

Einschätzung von SRF-Korrespondent Daniel Voll

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Wenn die reichen Staaten und der IWF ihre Beschlüsse von Paris tatsächlich umsetzen – also in einem ersten Schritt 100 Milliarden Dollar an Krediten an afrikanische Länder freigeben – ist das deutlich mehr als bloss Symbolpolitik. Wichtig aber wird dann sein, ob es Afrika gelingt, diese riesige Summe auch tatsächlich in seine Wirtschaft zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen.

Der französische Präsident versammelte im Schatten des Eiffelturms zahlreiche Staats- und Regierungschefs sowie Führungspersönlichkeiten internationaler Organisationen. Andere nahmen per Videoschaltung teil.

Ein Thema war auch die generelle Aufhebung von Patenten für Impfstoffe, damit sie auch in armen Ländern produziert werden könnten. Doch das ist erst ein Vorschlag.

Afrika braucht Stabilität – durch Wachstum

Afrika erlebt wegen der Coronapandemie die erste Rezession seit Jahrzehnten. Laut dem IWF benötigen etliche afrikanische Staaten dringend zusätzliche finanzielle Unterstützung, um nicht in eine neue Schuldenspirale zu geraten.

IWF-Chefin Kristalina Georgiewa sagte: «Wachstum und Stabilität in Afrika bedeuten Wohlstand und Stabilität in Europa.» Deshalb müsse Afrika zur «starken Entwicklung zurückkehren, die Afrika vor Covid hatte».

Die drei Personen stehen nebeneinander, Macron in der Mitte gestikuliert.
Legende: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (Mitte) empfing unter anderem Félix Tshisekedi, Präsident der Afrikanischen Union, sowie IWF-Chefin Kristalina Georgiewa. Keystone

Das sieht auch der Frankreich-Korrespondent von SRF, Daniel Voll, so: Insbesondere Paris habe ein grosses Interesse an einem stabilen Afrika. Und nur wenn sich der Kontinent wirtschaftlich entwickeln könne, gebe es Aussicht auf Stabilität.

Auch die Migration ist ein Thema

«Wenn wirtschaftliche Not eine der Ursachen für den wachsenden Einfluss dschihadistischer Organisationen in der Sahelzone ist, dann ist die jetzt zugesagte Unterstützung sehr wichtig», so Voll.

Dabei gehe es auch um das Thema Migration, von der Frankreich als Mittelmeer-Anrainer stärker betroffen sei als andere Länder in Europa – wie etwa die Schweiz.

Frankreichs Kampf für stabile Sahelzone

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Frankreich engagiert sich seit mehr als acht Jahren in Mali und den angrenzenden Sahel-Staaten militärisch gegen islamistische Extremisten-Organisationen. Doch eine Stabilisierung der Lage ist bei Weitem nicht in Sicht. «Eine solche kann allein mit militärischen Mitteln nicht gelingen», sagt dazu Korrespondent Daniel Voll. «Es braucht auch wirtschaftliche Entwicklung.»

Eine weitere Motivation, wieso sich gerade Macron derart für Afrika ins Zeug legt, dürfte der wachsende Einfluss Chinas in zahlreichen Ländern des Kontinents sein.

Dabei suche Frankreich aber weniger die direkte Konfrontation mit dem ungleich mächtigeren China, sondern den Schulterschluss mit den europäischen Ländern, den USA und den internationalen Organisationen, so Voll.

Reichste Länder sollen Rechte an Afrika abtreten

Um beim IWF auf die in Paris zugesagten 100 Milliarden Dollar zu kommen, sollen laut IWF-Chefin Georgiewa sogenannte Sonderziehungsrechte des Fonds von reichen Ländern nach Afrika weitergeleitet werden. Sonderziehungsrechte ist die Reservewährung des IWF.

Die Arbeit in den kommenden Wochen werde darin bestehen, andere Staaten wie die USA davon zu überzeugen, die gleichen Anstrengungen wie Frankreich zu unternehmen, sagte der französische Präsident.

Für die reicheren Länder, die ausreichend Währungsreserven und Zugang zum Kapitalmarkt haben, sind Sonderziehungsrechte kaum von Bedeutung. Für ärmere Länder aber würden durch die IWF-Kredite Finanzmittel für andere Zwecke frei, etwa zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie.

SRF 4 News, 19.05.2021, 07:40 Uhr ; 

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