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270 Container vermisst «Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit»

In der Nordsee werden rund 270 Container vermisst, die der Mega-Frachter MSC Zoe in der Nacht auf Mittwoch verloren hat. Die Verantwortlichen stehen unter Zeitdruck, weil die Ladung zu sinken droht. Drei der Container könnten ausserdem gefährliche Stoffe beinhalten.

In Deutschland koordiniert das Havarie-Kommando in Cuxhaven die Suche in der Nordsee. Michael Friedrich ist Mediensprecher des Kommandos.

SRF News: Wie aufwendig ist die Suchaktion?

Michael Friedrich: Die Schwierigkeit ist tatsächlich, dass die Container sinken. Wir finden sie mit den Flugzeugen, fahren mit den Schiffen hin und dann sind sie zum Teil schon gesunken – es ist also ein Wettlauf gegen die Zeit.

Das Suchgebiet wird stark von Frachtschiffen, aber auch von Fischern und anderem Berufsverkehr frequentiert. Macht das den Einsatz schwieriger?

Es macht den Einsatz nicht schwieriger, aber es ist gefährlicher – zum Beispiel für die Fischer. Wenn so ein Container leicht unter der Wasseroberfläche treibt und ein Fischer mit seinem Boot darüber fährt, kann dieses stark beschädigt werden und es kann sinken. Das wollen wir natürlich nicht. Aus diesem Grund haben wir auch vor zwei Tagen den Fluss Ems in der Nacht gesperrt, weil es im Dunkeln einfach schwierig ist, die Container zu sehen.

Bis am Abend wurden vor der deutschen Küste zehn Container von der Luft aus gesichtet. Wie werden diese nun geborgen?

Das ist von den Wetterverhältnissen abhängig. Aber grundsätzlich fährt man mit den Schiffen neben den Container und versucht eine Verbindung herzustellen. Dann kommt ein Schwimmkran, der den Container aufnimmt und ihn auf das Schiff legt. Aber bei Wellenhöhen von vier bis fünf Metern ist das nicht so einfach machbar. Und eben, es gibt das Problem, dass die Container sinken.

Wir beobachten, dass die Leute in den Niederlanden die Sachen einfach mitnehmen – in Deutschland ist das verboten.

Was wissen Sie über den Inhalt dieser zehn Container? Sind auch solche darunter, die Giftstoffe enthalten?

Wir haben noch keinen gefunden, in dem Giftstoffe sind. Die Container verfügen über Nummern, über welche wir zurückverfolgen können, was drin ist. Leider schwimmen die Container so in der Nordsee, dass wir die Nummern nicht sehen können. Wir können bloss die Farbe erkennen. Das hilft uns aber leider nicht viel weiter.

Am Freitag werden die Strände im Einsatzgebiet erneut abgesucht; es gibt Berichte über Fernseher oder Spielsachen, die angeschwemmt wurden – ist es denkbar, dass inzwischen auch ganze Container an der Küste liegen?

In den Niederlanden gibt es das. Wir haben Berichte, dass ganze Container – teils ganz, teils kaputt – an der Küste liegen. In Deutschland ist das nicht der Fall. Wir haben das Problem, dass wir nicht genau wissen, wo die Container ins Wasser gegangen sind. Das heisst, dass wir nicht genau berechnen können, wo sie in Deutschland anlanden werden. Wir haben aber bisher keinen einzigen Container am Strand gehabt. Ausserdem beobachten wir, dass die Leute in den Niederlanden die Sachen einfach mitnehmen – in Deutschland ist das verboten. Denn es handelt sich um Eigentum, das dem Eigentümer gehört, nicht dem Finder.

Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie alle Container finden und auch an Land bringen können?

Ehrlich: Das ist sehr unwahrscheinlich. Es sind schon mehr als 48 Stunden vorbei und die Container laufen langsam mit Wasser voll. Natürlich sind sie Spritzwassergeschützt, sie müssen ja auch die Überfahrt auf See überstehen. Aber wenn ein Container länger als 48 Stunden im Wasser treibt, dann sinkt er leicht. Ab Freitag haben wir deshalb drei Spezialschiffe im Einsatz, die den Meeresboden abscannen, damit wir sehen, wo die Container auf Grund gegangen sind.

Das Gespräch führte Joël Hafner.

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