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Ägypten Hinrichtungen im heiligen Monat Ramadan

Todesstrafen vollzogen: Das ägyptische Militärregime rechnet weiter mit seinen Gegnern ab.

Hinrichtungen im Fastenmonat Ramadan: In Ägypten sind acht Jahre nach einem Angriff auf eine ägyptische Polizeistation mindestens neun Menschen hingerichtet worden. Gemäss Angaben der Menschenrechtsorganisation We Record seien es sogar 17 Hinrichtungen. We Record beruft sich auf Angaben von Angehörigen der Verurteilten.

Wer sind die Muslimbrüder?

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Die Muslimbrüder gelten in westlichen Ländern als radikal-islamistische Organisation. Sie wurden 1928 in Ägypten gegründet. Das Ziel der Organisation war die Verbreitung islamischer Moralvorstellungen und die Unterstützung wohltätiger Organisationen. Es gibt sie auch in zahlreichen anderen Ländern.

Nach dem Putsch 2013 in Ägypten wurden die Muslimbrüder von der ägyptischen Regierung als Terrororganisation eingestuft.

Todesstrafe nach einem Überfall auf eine Polizeiwache im Jahr 2013: In Kirdasa waren bei einem Überfall auf eine Polizeiwache 14 Polizisten ums Leben gekommen. Der Überfall war eine Reaktion auf die Auflösung zweier Protestlager der Muslimbrüder in Kairo, bei der Hunderte Muslimbrüder ums Leben kamen. Die Protestlager hatten sich gegen den Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi gerichtet. Hingerichtet wurden am Montag die Angreifer auf die Polizeistation.

Das Schicksal von Ägypten und Mohammed Mursi

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Mohammed Mursi, Ex- Präsident Ägyptens
Legende: Keystone

Die ersten Wahlen nach dem Sturz von Langzeitherrscher Hosni Mubarak in Ägypten – nach dem Arabischen Frühling – führten 2012 zu einem Sieg der Muslimbrüder, respektive zu einem Sieg der Partei der Freiheit und Gerechtigkeit, die aus der Muslimbruderschaft hervorging. Mohammed Mursi wurde zum ersten frei gewählten Staatschef Ägyptens. Er wurde im Juli 2013 durch Generaloberst Fatah Al Sisi, den Mursi selbst als Verteidigungsminister eingesetzt hatte, nach Protesten der Bevölkerung gegen seine islamistische Politik durch das Militär abgesetzt. Dies führte zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Seit 2014 ist Al Sisi Präsident Ägyptens. Gemäss offiziellen Angaben wurde er 2018 mit knapp 97 Prozent aller Stimmen für vier weitere Jahre im Amt bestätigt.

Mursi wurde 2015 zu 20 Jahren Haft wegen gewaltsamer Niederschlagung von Protesten verurteilt. Weitere Strafen kamen dazu. 2019 brach der frühere Staatschef während einer Gerichtsverhandlung zusammen und verstarb später im Spital.

Politische Gewalt des Regimes: «Die Exekutionen sind Teil der Abrechnung von Präsident Sisi mit den Muslimbrüdern», sagt Astrid Frefel. Sie war jahrelang Korrespondentin in Ägypten. Diese Abrechnung sei auch acht Jahre nach der blutigen Entmachtung der Muslimbrüder noch voll im Gange. Dass die Hinrichtungen acht Jahre nach dem Vorfall stattfinden, erklärt sie damit, dass sich der Prozess über mehrere Instanzen hingezogen habe.

Massenprozess und Todesurteile: In einem ersten Prozess wegen dieses Überfalls sind 183 Personen zum Tode verurteilt worden. In der Revision wurden 20 der Todesurteile bestätigt. Der Mufti – ein islamischer Rechtsgelehrter – muss Todesurteile absegnen. «Dass die Urteile im Fastenmonat Ramadan vollstreckt wurden, zeigt, dass das Regime auf nichts und niemanden Rücksicht nimmt», sagt Frefel.

Dreimal mehr Todesstrafen wurden vollzogen: Wie die Menschenrechtsorganisation Amnesty International schreibt, hat die Zahl der Exekutionen in Ägypten im letzten Jahr stark zugenommen. Es wurden dreimal mehr Menschen vom Staat getötet als vorher, mindestens 107 Menschen. Amnesty schreibt weiter, dass viele Urteile auf erzwungenen Geständnissen beruhen. Die ägyptischen Behörden gehen auch gegen Menschenrechtsorganisationen an sich vor.

Totalitäre Politik in Ägypten: Auch unter Mubarak waren die Muslimbrüder verboten, allerdings seien sie geduldet worden und konnten sogar ins Parlament einziehen, sagt die Korrespondentin. Die Politik war autoritär; Massenprozesse und Massentodesurteile gab es aber damals nicht.

SRF 4 News, 28.04.2021, 06:34 Uhr ; 

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