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Aktion «Adoptiere einen Park» 8 Franken pro Hektar: Brasilien verdient an Waldpatenschaften

  • In Brasiliens Amazonas wird so viel Wald abgeholzt, wie seit zwölf Jahren nicht mehr. Dafür wird die Regierung von Jair Bolsonaro stark kritisiert.
  • Es schlagen aber längst nicht mehr nur Naturschützerinnen Alarm. Auch die brasilianische Wirtschaft macht sich Sorgen. Sie befürchtet, die Abholzung des Amazonas wirke sich negativ auf das Image Brasiliens aus.
  • Die Regierung reagiert auf die Kritik und lanciert das Projekt «Adoptiere einen Park». Die Idee: Unternehmen und Privatpersonen können nun in den Schutz eines bestimmten Gebietes im Amazonas investieren.

In einem Werbespot der brasilianischen Regierung fragt eine Frauenstimme: «Wissen Sie, wie man den Amazonas schützt? Die Antwort liegt in der Vereinigung aller, die für eine nachhaltige Zukunft kämpfen. Aus diesem Grund führt Brasilien ‹Adoptiere einen Park› ein.»

Die Patenschaft für einen Hektar Wald im Amazonas kostet acht Franken. Insgesamt verspricht sich die Regierung Einnahmen von etwa 500 Millionen Franken.

Ein Drittel mehr illegal abgeholzt

«Das Programm zeigt, dass jetzt auch die Privatwirtschaft den Amazonas-Regenwald schützt», so der brasilianische Umweltminister Ricardo Salles. Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro hat bereits vor längerer Zeit das Budget und Personal der Umweltbehörde gekürzt, welche den Schutz des Amazonas fördert. Die Folge: Die illegale Abholzung stieg um 34 Prozent.

Der Druck auf die Regierung Bolsonaro ist nun dermassen gestiegen, dass sie den Schutz des Amazonas privatisiert. Coca-Cola adoptiert eine Fläche von 13'000 Hektaren Amazonas für 110'000 Franken. Die Brauerei Heineken zahlt ein bisschen weniger für ihre Patenschaft von mehr als 9000 Hektaren.

Stapel Baumstämme
Legende: Umweltorganisationen nennen es Greenwashing: Unternehmen schmücken sich zu Unrecht mit einem nachhaltigen Image. Keystone

Davor hatte bereits die französische Supermarktkette Carrefour einen Park im Amazonas adoptiert. Alle Adoptionen sind auf ein Jahr beschränkt. Carrefour-Chef Noël Prioux sagte zum TV-Sender Globo News: «Mehr als einfach einen Park zu adoptieren, sind wir das Versprechen eingegangen, den Familien zu helfen, die dort leben. Und wir helfen den traditionellen Produzenten.»

Greenwashing ist programmiert

Umweltorganisationen dagegen finden andere Worte: Das sei ein billiger Werbegag. Christiane Mazzetti von Greenpeace Brasilien sagt: «Das Programm öffnet Tür und Tor fürs Greenwashing. Die Unternehmen sonnen sich in diesen Investitionen in die Parks, und verstecken dahinter ihren mangelnden Fortschritt beim Erfüllen von Umweltauflagen.»

Das Argument, Brasilien habe kein Geld für den Umweltschutz, sei falsch, kritisieren mehrere Umweltorganisationen. Die Regierung verfüge über genug Finanzmittel zum Umweltschutz, zum Beispiel über den von Deutschland und Norwegen finanzierten Amazonien-Fonds. Allerdings gab es nach Diskussionen über den Waldschutz mit der Regierung Bolsonaro Streit. Der Fonds liegt darum seit zwei Jahren auf Eis und darf nicht angezapft werden.

Wer zahlt, befiehlt in dem Fall nicht

Stattdessen wendet sich Brasilien lieber privaten Investoren zu: Das Geld aus den Patenschaften wird weiterhin von der staatlichen Umweltbehörde verwaltet. Die Unternehmen bekommen kein Mitspracherecht. Dementsprechend ist die Gefahr gross, dass die Abholzung weitergeht.

Denn die Umweltbehörde untersteht Präsident Bolsonaro, welcher immer wieder sagt, die Reichtümer des Amazonas müssten ausgebeutet werden.

Rendez-vous, 05.05.2021, 12:30 Uhr

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