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Albaner heiraten unter sich Schatzi-Suche im Kosovo

Hunderte neue Ehen gibt es jedes Jahr zwischen der Schweiz und dem Kosovo. Familien wollen mitreden – Junge wehren sich.

Sommer in Prishtina, die Shacis sind da. So werden die Kosovarinnen und Kosovaren aus den deuschsprachigen Ländern genannt. Auf den Strassen fahren Autos mit Schweizer Nummernschildern – Mercedes, Ferrari, Porsche aus Baselland, Zürich, Aargau – gesprochen wird Schweizerdeutsch. Die Shacis sind hier für den obligaten Familienbesuch in ihrer zweiten Heimat, und manche von ihnen hoffen darauf, in ebendieser eine Begleitung fürs Leben zu finden.

Nachtleben: Eine Brautschau

Abends dröhnen die Bässe in einem der grössten Clubs in Kosovo. Das Licht ist schummrig, eine Laserlichtshow schneidet Schneisen in die aufgeheizte Stimmung. Im Minutentakt stolzieren perfekt gestylte junge Frauen und Männer durch den Nachtclub und hinterlassen schwere Duftwolken aus Parfüm und Deo.

Der erste Eindruck zählt, das wissen sie. Schliesslich könnten sie hier auf ihre grosse Liebe treffen. Es ist ein grosses Sehen und Gesehenwerden. Auch Gabriela Tomes und Dorentina Dauti sind an diesem Abend im Club. Sie betonen: bloss, um Spass zu haben, um mit anderen Shacis zu feiern und zu tanzen.

Spagat zwischen Tradition und Moderne

Gabriela Tomes und Dorentina Dauti sind Schweiz-Kosovarinnen aus dem Thurgau. Wie viele junge Kosovaren und Kosovarinnen aus der Schweiz versuchen sie, den Spagat zwischen den Kulturen zu schaffen. Für die beiden ist Dating Privatangelegenheit, auch wenn sie wissen, dass manche ihrer Familienmitglieder das anders sehen. Sie sind 23 Jahre alt, weder verlobt noch verheiratet.

Die jungen Frauen sind sich dem Konflikt bewusst, in dem sie sich befinden. «Einerseits will ich meine Familie glücklich machen, gleichzeitig will ich nicht, dass meine Eltern mir dort etwas wegnehmen. Es ist meine Entscheidung, wen ich date», sagt Tomes. Bisherige Partnervermittlungsangebote haben sie ausgeschlagen. «Ich habe andere Pläne, ich möchte zur Schule gehen. Ich habe einfach andere Vorstellungen vom Leben momentan», so Dauti. Sie stehen für die neue Generation der Schweiz-Kosovar:innen. Eine Generation im Umbruch, die versucht, den Mittelweg zwischen den Spannungsfeldern zu finden.

Shacis lieben unter sich

Aber nicht alle sind so selbstbestimmt unterwegs. Die Strassenumfrage zeigt: Viele junge Schweiz-Kosovaren und Kosovarinnen wollen zwingend jemanden mit derselben Herkunft. So wünsche es sich die Familie, aber so wünschen sie es sich auch selbst. Sie haben sich gegen den Clinch, wie ihn Tomes und Dauti erleben, entschieden. Wichtiger ist ihnen, dass die Tradition weiterlebt, der oder die Zukünftige den Vorstellungen der Eltern entspricht, vertraut ist mit den kulturellen Gepflogenheiten des Kosovo und auf Albanisch mit den Grosseltern sprechen kann.

Für Tomes und Dauti ist hingegen klar: Wen sie einmal heiraten, entscheiden sie selbst. Ob ihre Eltern mit der Wahl zufrieden sein werden, ist nicht entscheidend. Ohnehin -  diese Frage hat Zeit. Momentan sind andere Dinge wichtiger, wie Tanzen im Club und nach dem Sommer das Studium.

SRF Rundschau, 31.08.2022, 20:05 Uhr

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