Zum Inhalt springen

Alexander Gauland von der AfD Ein politisch Erfahrener im «gärigen Haufen»

Der 78-Jährige hält die Partei zusammen. Ein Gespräch über Willkommenskultur, den Verfassungsschutz und Vogelschisse.

Über die Spur dubioser AfD-Spenden in die Schweiz will er sich nicht äussern. Und auch nicht über die falschen Spendernamen. Es sei ein laufendes Verfahren, sagt Alexander Gauland. Aber er erzählt, dass er als Jugendlicher in der DDR öfters Radio Beromünster gehört habe. Das sei weniger gefährlich gewesen als das Abhören westdeutscher Medien. Und ist weniger brisant als die AfD-Spendenaffäre.

Zur Person

Box aufklappen Box zuklappen

Alexander Gauland ist 1941 in Chemnitz geboren, floh mit 18 in den Westen, war 40 Jahre Mitglied der CDU, leitete die Hessische Staatskanzlei und ist nun Co-Fraktions- und Parteivorsitzender der AfD.

Die AfD hat in den letzten Jahren einen beispiellosen Erfolg eingefahren: Vor der Flüchtlingskrise 2015 war sie in einer Existenzkrise. Jetzt, dreieinhalb Jahre danach, sitzt die AfD nicht nur im Bundestag, sondern in allen 16 Landtagen. Welche Gesetze tragen die Handschrift der AfD? «Keine konkreten Gesetze. Schon deswegen nicht, weil die anderen niemals bei unseren Vorschlägen mitmachen würden», so Gauland.

Die Willkommenskultur gekillt

«Aber es gibt eine Stimmung im Lande, die sagt: Ja, diese ganze Willkommenskultur war ein schwerer Fehler – das ist unser Erfolg», fährt Gauland fort. Die AfD habe also die Willkommenskultur politisch gekillt; nichts weniger als das nimmt der 78-Jährige für die AfD in Anspruch.

Und sie habe der Europaskepsis im Bundestag eine politische Stimme gegeben: «Es waren sich alle immer einig: Möglichst viele Flüchtlinge, möglichst viel Europa. Jetzt kommt eine Partei, die sagt: Möglichst wenige Flüchtlinge, nur das Europa, das sinnvoll ist. Das verändert natürlich das Klima im Lande.» Viel Selbstbewusstsein also.

Alexander Gauland
Legende: «Es gibt eine Stimmung im Lande, die sagt: Ja, diese ganze Willkommenskultur war ein schwerer Fehler – das ist der Erfolg der AfD», sagt Alexander Gauland. Reuters

Sorgen bereitet ihm nicht nur die Spendenaffäre, sondern auch eine mögliche Überwachung durch den Verfassungsschutz: «Beamte, Hochschullehrer, Zeitsoldaten würden gewisse Schwierigkeiten haben, in der Partei tätig zu sein. Ich sorge mich langfristig um die Zusammensetzung der Partei.»

Vielleicht stapelt Gauland bewusst tief. Dass die AfD im Falle einer Überwachung Wähler verlieren könnte – Gauland winkt ab: «Gerade im Osten erinnern sich viele an die Spätphase der Stasi und sagen deshalb: Jetzt erst recht.» Er betont, die AfD stehe auf dem Boden der Verfassung. Aber die Stasi und den Verfassungsschutz, also DDR und Bundesrepublik, nennt er locker in einem Atemzug.

Die Sache mit dem Vogelschiss

Apropos starke Worte: «Es gibt keine Rhetorik, die mit dem Nationalsozialismus kokettiert. Das sind zum Teil völlig unberechtigte Vorwürfe. In Deutschland muss man sich mit seiner historischen Vergangenheit auseinandersetzen. Und da kann auch mal etwas gesagt werden, das höchst problematisch ist.»

Höchst problematisch war die Bemerkung von Gauland selbst, als er Hitler und die Nazis nur als einen Vogelschiss in der tausendjährigen deutschen Geschichte bezeichnete. Die Diskussion über eine Nähe zur Nazirhetorik folgt auch hier den typischen Argumentationslinien der AfD: «Ich habe den Vogelschiss in keiner Weise bagatellisierend gemeint, sondern habe eine verachtungsvolle Metapher gesucht. Die Metapher ist schiefgegangen.»

Aber Vogelschisse sind doch immer verharmlosend? «Nein. Es bezieht sich ja in keiner Weise auf die Verbrechen der Nazis, sondern auf die Zeitdauer. Ich vergleiche den zwölf Jahre andauernden Nationalsozialismus mit tausend Jahren deutscher Geschichte, die in vielem sehr erfolgreich war.» Nicht so gemeint, heisst es immer. Und wer beim Begriff tausendjähriges Reich an Nazis denkt, ist selber schuld.

Alexander Gauland denkt ans Aufhören

Box aufklappen Box zuklappen

Im Herbst wird die AfD-Führung neu gewählt – und der wichtigste Mann der AfD denkt ans Aufhören. Gleichzeitig behält er sich alle Optionen offen: «Da gibt es keinen Zeitplan. In meinem Alter kann man das nur kurzfristig entscheiden. Die Frage, ob ich wieder antrete, werde ich im Sommer beantworten.» Der frühere CDU-Mann macht Politik nicht zum ersten Mal.

Meistgelesene Artikel