Was ist passiert? In Venezuela ist die über neun Stunden lange Belagerung des Parlaments beendet worden. Anhänger von Präsident Nicolas Maduro waren am Unabhängigkeitstag ins Gebäude eingedrungen und hatten Abgeordnete und Journalisten angegriffen. Einige wurden dabei verletzt, einige ausgeraubt.
Wie konnte es soweit kommen? Die genauen Hintergründe sind unklar. «Sicher ist, dass die Attacke als Einschüchterungsversuch gewertet werden kann», sagt Hanna Silbermayr. Sie ist Journalistin in Caracas. Die Verantwortlichen sollen einem Kollektiv angehören, einer paramilitärischen Gruppierung, die der Regierung nahesteht. «Sie haben schon in der Vergangenheit immer wieder Oppositionelle bedroht.» Das Kollektiv wurde gegründet, um die Revolution zu verteidigen – «was sie jetzt in gewisser Weise auch tun», so ihre Einschätzung.
Wie hat der Präsident darauf reagiert? Nicolas Maduro verurteilte die Tat und ordnete eine Untersuchung an. Allerdings hat er auch gesagt, man werde den Sozialismus im Land notfalls mit Waffengewalt verteidigen. «Maduros Aussagen verstehen sicher einige seiner Anhänger als Aufruf, mit Gewalt gegen Kritiker vorzugehen», so die in Venezuala lebende Österreicherin. Tatsächlich dazu angestachelt, das Parlament zu stürmen, habe aber wahrscheinlich Vizepräsident Tareck El Aissami, glaubt sie: «Er hat gestern eine unangemeldete Rede im Parlamentsgebäude gehalten und dabei das Volk dazu eingeladen, ins Parlament zu kommen und zum Unabhängigkeitstag erneut den Eid abzulegen. Dieser Einladung sind wahrscheinlich einige Regierungsanhänger gefolgt.»
Ist das eine neue Eskalationsstufe? Es ist nicht das erste Mal, dass das Parlament gestürmt wird. «Im Grunde sind in Venezuela viele Dinge, die anderswo für helle Aufregung sorgen würden, zum Alltag geworden.» Was Silbermayr aber auffällt, ist, dass das Klima insgesamt gewaltbereiter wird. Das zeige dieser Angriff auf das Parlament am Nationalfeiertag ganz deutlich. Insofern könne man das Geschehene durchaus als neue Eskalationsstufe bezeichnen, denn: «Viele Menschen in Venezuela sind unsicher, wie es weiter gehen wird und legen sich Nahrungsvorräte an, weil sie mit dem Schlimmsten rechnen.»