Russland will ein grösseres Stück von der Arktis. Ein viel grösseres Stück. Es hat bei der zuständigen UNO-Kommission in New York umfangreiches Datenmaterial eingereicht, das belegen soll, dass der grösste Teil des Nordpolarmeeres Moskau zusteht. Das UNO-Gremium dürfte im kommenden Februar entscheiden.
Neu ist die russische Forderung nicht. Schon 2001 gelangte Moskau erstmals damit an die UNO, blitzte aber ab. Zu wenig gut belegt seien Russlands Ansprüche, befand die UNO-Kommission über die Grenzen der Kontinentalsockel.
Grosse Summen investiert
Seither betont Präsident Wladimir Putin unermüdlich, sein Land sei eine arktische Nation. Mit mehr Eisbrechern, mehr Militär, mehr Handelsrouten und mehr Infrastruktur markiert er im hohen Norden Präsenz.
Um seine Ansprüche zu untermauern, investierte Russland grosse Summen und sammelte über Jahre Datenmaterial. Nun könne man ein detailgetreues Modell des Arktisbodens nachbauen, heisst es aus dem Verteidigungsministerium – und so zweifelsfrei beweisen, dass 1.2 Millionen zusätzliche Quadratkilometer Moskau zustünden. Es geht also um eine Fläche, die 30 Mal so gross ist wie die Schweiz.
Bisher internationales Gewässer
Die UNO muss sich nun erneut mit der heiklen Angelegenheit befassen, nachdem jahrelang Ruhe geherrscht hatte. Eine Entscheidung ist umso schwieriger, als dass sich Russlands Ansprüche mit denen anderer Arktis-Anrainerstaaten überschneiden. Nämlich mit jenen von Kanada und Dänemark. Allen kann die UNO-Kommission nicht recht geben.
Aus Sicht all jener Länder, die nicht an die Arktis grenzen, stellt sich ohnehin die Frage, warum das Nordpolarmeer, das bisher zu einem grossen Teil als internationales Gewässer galt, plötzlich den Anrainerstaaten allein zugeschlagen werden soll.
Die USA, die jahrzehntelang wenig Interesse an der Arktis zeigten, obschon sie mit Alaska an sie grenzen, sind auf einmal alarmiert. So meinte etwa Aussenminister Mike Pompeo, die Arktis sei zu einer Arena von Machtkämpfen und Rivalität geworden. Vorbei die Zeiten, als der Norden bloss für die Wissenschaft interessant war.
Tatsächlich prallen seit dem Auftauen der Eismassen wegen des Klimawandels und wegen der Gier nach Rohstoffen die Interessen mächtiger Staaten immer heftiger aufeinander.