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Ausbau der Raumfahrt in Europa Europa soll bei der bemannten Raumfahrt durchstarten

Die Industrie soll mehr in der Raumfahrt investieren. Zwei wichtige Stimmen betonen den Nutzen bemannter Raumforschung.

Im neu entbrannten Rennen auf Mond und Mars mischen zahlreiche private Unternehmen mit. Sie erhoffen sich dereinst grosse Profite aus Bodenschätzen, und auch Weltraumtourismus ist ein Thema. Viele Länder wollen ein Stück vom Kuchen. Zugleich werden militärische und sicherheitspolitische Aspekte beim Streben um die Vormacht im Weltraum immer wichtiger.

Es ist unglaublich wichtig, dass Europa neben den grossen Raumfahrt-Nationen USA und China auch bedeutend ist.
Autor: Thomas Zurbuchen Ehemaliger Chef Wissenschaft der US-Weltraumbehörde Nasa

Für den ehemaligen Wissenschaftschef der US-Weltraumbehörde Nasa, den Schweizer Thomas Zurbuchen, ist klar: Europa muss neben den grossen Raumfahrtmächten Amerika und China auch wichtig sein. «Das ist besser für die Welt und auch gut für alle Möglichkeiten in Europa», betont der heutige ETH-Professor nach einen Treffen von Schweizer Wirtschaftsspitzen mit der Europäischen Weltraumorganisation ESA an der ETH Zürich.

Thomas Zurbuchen.
Legende: Gemeinsam mit der Europäischen Weltraumorganisation ESA will der frühere Nasa-Wissenschaftschef Thomas Zurbuchen eine neue Phase der Raumfahrt in Europa einläuten. Keystone/Anthony Anex

Auch ESA-Generaldirektor Josef Aschbacher betont, Europa müsse ambitionierter werden und mehr bemannte Raumfahrt betreiben: «Europa ist enorm gut im Weltraum, hat exzellente Ingenieure und Wissenschaftlerinnen. Aber wir haben nicht den gleichen Ehrgeiz wie die USA, China, Russland oder Indien. Das muss sich ändern.» Das müsse ändern. Nötig sei ein «Weckruf» – auch um die vielen Talente in Europa und der Schweiz zu halten.

Warum nicht voll auf Roboter setzen?

Dass auch die ESA jetzt vermehrt die bemannte Raumfahrt fördern will, obwohl Roboter bis zu zehnmal günstiger sehr gute Resultate liefern, ist für die beiden Experten kein Widerspruch. Laut Zurbuchen werden auch Roboter in der bemannten Raumfahrt der ESA-Zukunftsstrategie eine grosse Rolle spielen: «Es gibt für jedes Problem die richtige Antwort. Oft sind es Roboter, für Vieles sind es Roboter und Menschen und nur in wenigen Fällen Menschen allein.» 

Im robotischen Bereich ist Europa sehr gut, muss aber im astronautischen Bereich nachholen.
Autor: Josef Aschbacher Generaldirektor der Europäischen Weltraumbehörde ESA

Zuerst schicke man die Roboter, aber im Endeffekt könne nur der Mensch mit seiner Intelligenz die Forschung vor Ort vorantreiben, so Aschbacher: «Die Berichte der Astronauten der Apollo-Mission haben uns viel weitergebracht als alle Messdatenreihen von Robotern.» Im robotischen Bereich sei Europa gut, müsse aber im astronautischen Bereich nachholen.

Josef Aschbacher.
Legende: ESA-Generaldirektor Josef Aschbacher ist überzeugt: Die Privatindustrie kann viel von der Weltraumforschung lernen und muss verstärkt eingebunden werden. Keystone/Gian Ehrenzeller

Es lohne sich, auf den Mond zurückzugehen, obwohl man da schon lange war, sagt Zurbuchen. «Was wir vor 20 Jahren über den Mond todsicher zu wissen glaubten, war alles falsch.» So habe man beispielsweise geglaubt, bei der Entwicklung des Mondes seien Elemente wie Wasser oder Neon verlorengegangen. Doch der Mond sei voller Wasser. Und auch viele andere, erst in den letzten fünf Jahren aufgetauchte Fragen könnten nur mit neuen Mondmissionen gelöst werden.

Ob es dereinst möglich wird, Bodenschätze vom Mond auf die Erde zu bringen, ist noch sehr offen und absolut nicht klar.
Autor: Thomas Zurbuchen Ehemaliger Chef Wissenschaft der US-Weltraumbehörde Nasa

Gleichzeitig wollen jetzt viele Staaten auf den Mond, wegen der Bodenschätze. Dass mehrere Länder auf dem Mond Wissenschaft betreiben, findet Zurbuchen «unglaublich gut und schön». Mit Blick auf die wirtschaftlichen Interessen relativiert er stark: «Ob es tatsächlich dereinst möglich wird, Bodenschätze auf die Erde zu bringen, ist noch sehr offen und absolut nicht klar.»

Erde vom Mond aus.
Legende: Aufnahme der Erde über dem Mondhorizont während der ersten bemannten Mondlandung der NASA mit Apollo 11 im Juli 1969. imago images/UPI Photo

Noch keine Regeln für die Nutzung des Mondes

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Die wirtschaftliche Nutzung des Mondes ist bis heute nicht geklärt.1984 wurde zwar der sogenannte Mondvertrag ratifiziert, der vorsah, alle Eigentumsansprüche der internationalen Gemeinschaft – oder allen Menschen gleich – zur Verfügung zu stellen. Aber die wichtigen Weltraummächte haben den Vertrag nie unterschrieben. Die USA versuchen nun mit dem sogenannten Artemis-Abkommen ihre Ansprüche mit anderen Staaten abzusichern. Auch China hat entsprechende Ambitionen.

Dass es bei der Rückkehr auf den Mond frühzeitig Regeln braucht, wenn die Privaten jetzt gross in die Raumfahrt einsteigen, ist bei Weltraumexperten unbestritten. ESA-Generaldirektor Josef Aschbacher nennt als Beispiele mögliche Schadenfälle beim «Zusammenleben und Zusammenarbeiten auf dem Mond». Etwa durch Roboter, Rover oder Astronauten.

Gleichzeitig wird auch der militärische Aspekt immer wichtiger, wurden doch testweise schon eigene Satelliten abgeschossen. Das verursacht nicht nur viel gefährlichen Weltraumschrott, es bietet auch Anlass zur Sorge. Aschbacher verweist aber auch auf die positiven Aspekte dieser «Dual Use»-Situation: «Ohne Satelliten im Weltraum wäre die Sicherheit in Europa nicht in dem Masse gewährleistet, wie das heute gemacht werden kann.» Doch die Sorgen seien berechtigt und Vorbereitungen würden getroffen.

 

SRF 4 News, 15.06.2023, 06:26 Uhr

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