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Weltraummüll Warum ein Frühlingsputz im All dringend nötig ist

Im All fliegen nicht nur intakte Satelliten umher, sondern auch Schrott. Und dieser wird zunehmend zum Problem.

Die Europäische Raumfahrtagentur ESA fürchtet, im internationalen Wettbewerb mit den USA und Asien ins Hintertreffen zu gelangen. Doch nicht nur die Konkurrenz bedroht die Raumfahrt, auch der Berg an Müll, der seit Jahren im All schwebt und stetig wächst – und der ist nicht nur für Europa gefährlich.

Was ist Weltraumschrott? Weltraumschrott besteht aus Weltraumgegenständen, die nicht mehr funktionieren, sich aber noch immer in der Erdumlaufbahn befinden. Die ESA zählte im Dezember 2022 rund 9'780 Satelliten im All, davon sind ungefähr 2700 nicht mehr funktionstüchtig. Ausserdem befanden sich zu diesem Zeitpunkt rund 36'500 Objekte in der Umlaufbahn der Erde, die grösser sind als 10 cm. Die ESA zählte zudem eine Million Objekte in der Grösse von 1 cm bis 10 cm und gar 130 Millionen Objekte, die bis 1 cm gross sind.

Wie ist es zu so viel Schrott gekommen? Einerseits werden mit jedem Raketenstart auch unnütze Teile mit ins All geschossen, etwa Raketenstufen. Diese schützen den Satelliten während des Fluges und geben ihn frei, sobald die Rakete am richtigen Ort angelangt ist. Danach schwebt die Raketenstufe als Müll durch das All.

Den Grossteil der Schrottteile stammt allerdings von zwei Kollisionen. Einerseits hat China 2007 bewusst mit einer Rakete einen ausrangierten Wettersatelliten abgeschossen. Das Vorhaben funktionierte, sowohl Satellit als auch Rakete zersplitterten aber in Tausende Teile. Ausserdem kam es 2009 zu einem nicht gewollten Zusammenstoss: Der US-Satellit Iridium 33 kollidierter mit dem russischen Satelliten Cosmos 2251, der nicht mehr umgeleitet werden konnte. Die beiden Unfälle sind Grund für gut 17'000 grosse Trümmerteile.

Warum ist das problematisch? Weltraumschrott fliegt mit fast 30'000 km/h durch den Orbit. Je mehr Trümmerteile im All sind, umso grösser ist die Gefahr von Kollisionen. Schon kleine Teile können bei einem Zusammenstoss mit einem Satelliten diesen beschädigen oder gar zerstören und somit weiteren Schrott produzieren. Das löst eine Kettenreaktion aus.

Objekte, die grösser sind als 5 cm, werden von einem amerikanischen Überwachungssystem kontinuierlich beobachtet. Dadurch können andere Satelliten den Trümmerteilen rechtzeitig ausweichen. Die ESA schätzt, dass bis 2038 jede fünfte Rakete ihre Mission wegen der Verschmutzung nicht erfüllen kann.

Was wird gegen die Weltraumverschmutzung getan? Einige Satelliten verschieben sich vor ihrem Ableben Richtung Weltraumfriedhof, einer Erdumlaufbahn, die von intakten Satelliten nicht benutzt wird. Andere Satelliten wiederum nehmen Kurs auf die Erde. Beim Eintritt in deren Atmosphäre verglühen sie zum grössten Teil. Jährlich landen aber gut 100 Tonnen Weltraumschrott-Teilchen auf der Erde, die meisten im Meer.

Satellit greift im All ein Trümmerteil.
Legende: Der Satellit «ClearSpace-1» soll im All für Ordnung sorgen, indem er Trümmerteile mit seinen vier Greifarmen packt und mit ihnen in der Erdatmosphäre kontrolliert verglüht. ESA

Für Ordnung sorgen soll ClearSpace-1. Das Schweizer Unternehmen will einen Satelliten ins All schicken, der mit einem Greifarm Trümmerteile einfangen und mit diesen kontrolliert im Erdorbit verglühen soll. Rund 120 Millionen Franken soll die Mission «ClearSpace-1» kosten, 90 Millionen kommen von der ESA. Viel Geld für einen einzigen Gebrauch. Und: ClearSpace-1 löst das Problem der Millionen kleinen Trümmerteile, die nicht zu kontrollieren sind, nicht. Die erste Weltraummüllabfuhr soll bereits 2025 stattfinden.

10vor10, 23.1.2023, 21:50 Uhr

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