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Ballon-Affäre um China und USA Nehring: «Die Frage nach Ufos geht zurück bis in die 50er-Jahre»

Innerhalb einer Woche haben die USA einen mutmasslichen chinesischen Spionageballon und drei nicht-identifizierte Flugobjekte abgeschossen. Mittlerweile hat das US-Militär die Trümmerteile des chinesischen Ballons geborgen, der am 4. Februar von einem US-Kampfjet vor der Küste South Carolinas abgeschossen worden war. Geheimdienstexperte Christopher Nehring erklärt, weshalb die USA nach dem Abschuss des ersten Ballons bei den übrigen Flugobjekten schneller reagierten.

Christopher Nehring

Dozent an der Universität Potsdam

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Dr. Christopher Nehring ist Geheimdienstexperte und Gastdozent des Medienprogramms Südosteuropa der Konrad-Adenauer-Stiftung mit dem Schwerpunkt Desinformation, Geheimdienste und Medien. Zuletzt hat er ein Buch über Geheimdienstmorde veröffentlicht.

SRF News: Wie können Sie sich erklären, dass man über den ersten Ballon verhältnismässig viel weiss und über die drei anderen Flugobjekte weniger?

Christopher Nehring: Der erste Ballon wurde relativ lange beobachtet, was wahrscheinlich der Grund für den späten Abschuss war. Es ist mittlerweile bekannt, dass Aufklärungsflugzeuge des US-Militärs den Ballon beobachteten. Das Pentagon hat zudem mitgeteilt, dass dieser angebliche Wetterballon Technik dabei hatte, um Kommunikation zu überwachen und zu stören.

Matrosen der Kampfmittelbeseitigung der US-Navy bergen einen mutmasslichen chinesischen Höhenüberwachungsballon.
Legende: Matrosen der Kampfmittelbeseitigung der US-Navy bergen einen mutmasslichen chinesischen Überwachungsballon, der über den Hoheitsgewässern der USA vor der Küste von Myrtle Beach in South Carolina abgeschossen wurde. (5. Februar 2023) U.S. Fleet Forces/U.S. Navy Foto/Handout via REUTERS

Was macht einen Ballon als Spionage-Hilfsmittel so interessant? Wären Satelliten nicht unbemerkter?

Nicht unbedingt. Es ist nicht so, dass China keine Spionagesatelliten benutzen würde – es benutzt viele Methoden gleichzeitig. Der Ballon kann, bei gutem Wetter und Steuerung, länger über einem Objekt reisen. Der Satellit hingegen muss in seiner Umlaufbahn wieder eine Runde um den kompletten Planeten drehen.

Die Frage nach Ufos, die über den USA als Phänomen beobachtet und von Militär und CIA untersucht werden, geht zurück bis in die 50er-Jahre.

Man kann mit dem Wetterballon je nach Navigation auch näher an ein Objekt herankommen und es aus anderen Winkeln aufnehmen. Man weiss zum Beispiel, dass der Ballon nicht einfach über diese vermeintliche Raketenbasis in Montana geflogen ist, sondern mehrere Routen gedreht hat. Das kann der Satellit so nicht. Dieser Ballon ist also eine Ergänzung zu Aufklärungssatelliten oder -drohnen.

USA bergen ersten Ballon – und dementieren Ufo-Theorie

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Das US-Militär hat die Trümmerteile des chinesischen Ballons geborgen, der am 4. Februar von einem US-Kampfjet vor der Küste South Carolinas abgeschossen worden war. «Die Besatzungen konnten bedeutende Trümmerteile von der Absturzstelle bergen, darunter alle wichtigen Sensoren und Elektronikteile, die identifiziert wurden, sowie grosse Teile der Struktur», teilte das US-Militärkommando am Montag mit. Auch Schlüsselsensoren, die vermutlich der Nachrichtengewinnung dienten, seien sichergestellt worden.

Die drei weiteren über Nordamerika abgeschossenen Flugobjekte stehen nach Angaben der US-Regierung nicht in Zusammenhang mit Ausserirdischen. Zu dieser Klarstellung fühlte sich das Weisse Haus in Washington am Montag (Ortszeit) veranlasst. «Es gibt keinen Hinweis auf Aliens oder ausserirdische Aktivitäten bei diesen jüngsten Abschussaktionen», sagte Sprecherin Karine Jean-Pierre. Zuvor hatte es gerade in sozialen Medien Spekulationen über die Herkunft der Flugkörper gegeben, darunter auch, ob es sich dabei vielleicht um eine Invasion von Ausserirdischen handeln könnte.

Was sagen Sie zur Theorie, dass es sich bei diesen Objekten um Ufos handelt?

Das ist die spannende Frage. Zunächst einmal handelt es sich um Ufos im wörtlichen Sinne, denn es sind nicht-identifizierte Flugobjekte. Bislang weiss man wenig darüber und man hat sie auch abgeschossen, weil sie nicht identifiziert waren. Die Frage ist, ob es ausserirdische Flugobjekte sind oder sie sogar ausserirdisches Leben an Bord hatten. Das ist bislang reine Spekulation.

Aber die Frage nach Ufos, die über den USA als Phänomen beobachtet und von Militär und CIA untersucht werden, geht zurück bis in die 50er-Jahre. Damals hatte das Militär öfter Ballons präsentiert, die abgeschossen wurden, aber die Theorien kursierten weiter, dass es ausserirdische Flugobjekte gewesen wären. Heute ist es ja fast umgekehrt. Aber es sind eben nur Theorien.

Auch China will ein Objekt gesichtet haben

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«Bislang ist das einzige, was ich gehört habe, dass Fischer in dieser Region gewarnt wurden, dass Trümmerteile vom Himmel fallen könnten», sagt Nehring zur Meldung, dass auch China ein Objekt gesichtet haben will. «Man muss aber sagen, dass die Quelle die Global Times ist, also ein Propagandaorgan der Kommunistischen Partei.» Man wisse über dieses angebliche Objekt genauso wenig wie über diejenigen, die über Nordamerika abgeschossen wurden, so Nehring. Dass die chinesische Regierung mit eher generellen Anschuldigungen über Spionage seitens der USA im chinesischen Luftraum geantwortet hat, spricht nicht gerade dafür, dass es derzeit einen konkreten Fall gibt, sagt der Geheimdienstexperte. Zudem sei die Lage gerade sehr dynamisch.

Jedes Jahr beobachten CIA und Pentagon mehrere Hundert solcher Objekte und am Ende blieb immer eine kleine Ziffer, die man nicht zuordnen konnte. Doch sie werden sofort öffentlich gemacht und momentan auch schnell abgeschossen.

Woran liegt das?

Die schnellen Abschüsse haben meiner Meinung nach vor allem innenpolitische Gründe. Präsident Joe Biden wurde als schwach und zögerlich dargestellt, als dieser Ballon tagelang beobachtet und nicht sofort abgeschossen wurde. Das heisst, er wurde innenpolitisch unter Druck gesetzt. Das hat wohl dazu geführt, dass man bei den weiteren Objekten sofort auf Abschuss und nicht auf Beobachtung gesetzt hat.

Ein Ballon ist eigentlich ein Spionagemittel mit relativ geringem Eskalationspotenzial.

Bei dieser Eskalation mit China über den Spionageballon steckt momentan sehr viel innen- und aussenpolitischer Dampf im Kessel. Das hat wenig mit dem Spionageballon zu tun – denn ein Ballon ist eigentlich ein Spionagemittel mit relativ geringem Eskalationspotenzial. Er ist nicht bewaffnet, nicht bemannt und dringt nicht physisch auf dem Boden in Objekte ein. Dass Flugobjekte gesichtet und eventuell auch abgeschossen werden, ist auch kein neues Phänomen. Neu ist, dass es sich in den letzten zehn Tagen sehr gehäuft hat und politisch sehr hitzig behandelt wurde.

Das Gespräch führte Susanne Stöckl.

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SRF 4 News, 13.02.2023, 16:00 Uhr ; 

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