Die drei Astronauten sollen wichtige Funktionen der im Bau befindlichen Raumstation «Tiangong» testen. An Bord des Raumschiffs sind Kommandant Nie Haisheng, der erfahrenste – aber auch für ihn erst sein dritter Ausflug ins All –, Liu Boming und Tang Hongbo. Für Letzteren ist es der erste Flug überhaupt, für China der erste bemannte seit fünf Jahren.
Für China ist der Start ein riesiger Meilenstein. Denn bisher hinkte das Land den grossen Raumfahrtnationen wie Russland und USA hinterher. Diese hatten erste bemannte Raumflüge 1961, China 2003. Knapp 20 Jahre später kommt China bereits mit einer eigenen Raumstation.
Die sich im Bau befindliche Raumstation «Tiangong» heisst übersetzt «Himmelspalast». Bei dem Projekt gehe es nicht nur um Forschung und den Technologieschub, den man sich verspreche, weiss China-Korrespondentin Claudia Stahel, sondern auch um Nationalstolz, Prestige, internationale Anerkennung.
Der Start wurde medial begleitet. Das chinesische Staatsfernsehen zeigte Livebilder vom Start und vom Raumschiff, als es etwa 15 Minuten später in der Erdumlaufbahn seine Sonnenflügel ausklappte. Die Astronauten öffneten ihre Helmvisiere und winkten in die Kamera.
Etwa sechs Stunden später dockten sie in einem automatischen Verfahren erfolgreich an das Kernmodul «Tianhe» an. Es ist eines von bisher drei geplanten fixen Modulen im All. Die Station ist in einer Höhe von etwa 370 Kilometern unterwegs.
Insgesamt braucht es elf Missionen, bis die Raumstation gebaut ist. Der Start heute war die dritte Mission. Im April wurden das Kernmodul und ein Versorgungsfrachter ins All geschickt. Heute dockte die Raumfähre an das Kernmodul an, die Astronauten stiegen um. Sie werden jetzt drei Monate in diesem Kernmodul leben.
Dieses wird laut Stahel auf Herz und Nieren durchgetestet, es seien Raumspaziergänge geplant und es würden Vorbereitungsarbeiten für die in Zukunft ankommenden Wissenschaftslabore laufen.
Diese Wissenschaftslabore dienten der Forschung. Dabei sei das Projekt nicht das einzige: «China ist daran, ein umfassendes Weltraumerkundungssystem aufzubauen», so die China-Korrespondentin. «Dazu gehören auch das Mars- und das Mondprojekt.»
China baut seine eigene Raumstation, obschon schon eine existiert. «Die ISS wird zwar von mehreren Ländern betrieben, Hauptakteure sind aber die Amerikaner und Russen. Bisher war noch nie eine chinesische Austronautin an Bord. Die USA haben stets ihr Veto eingelegt. 2011 hat der US-Kongress sogar ein Gesetz verabschiedet, das eine Kooperation USA/China beim Raumfahrtprogramm untersagt», erklärt Stahel.
China wird Zukunft des Alls mitentscheiden
Mittlerweile ist die ISS in die Jahre gekommen. Aktuell laufe die Betriebserlaubnis noch bis 2024 und weder die USA noch Russland hätten ein Nachfolgeprojekt im Köcher. Davon profitiert China, so Claudia Stahel: «Für China ist das ein idealer Zeitpunkt, um mit ihrem Himmelspalast «Tiangong» präsent zu sein.»
Denn das eröffne ihnen eine ganz besondere Art der Diplomatie. Stahel nennt es «orbitale Diplomatie»: «China wird im nächsten Jahrzehnt entscheiden, welche Nationen längere Zeit im All verbringen können.»