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Bei Putin angebiedert? «Trump muss sich seiner Partei stellen»

Nach dem Treffen von US-Präsident Donald Trump mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Helsinki gehen die Wogen in den USA hoch: Die Kritik am Auftritt des Präsidenten ist laut – Trump habe sich bei Putin angebiedert, bis hin zu «Verrat» geht der Vorwurf. Was das für Trump in der Heimat bedeutet, erläutert Nordamerika-Experte Christian Lammert.

Christian Lammert

Politologe

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Christian Lammert ist Professor für nordamerikanische Politik am John F. Kennedy Institut an der Freien Universität Berlin.

SRF: Wie überraschend sind diese harschen Reaktionen?

Christian Lammert: Man weiss ja inzwischen, dass die Demokraten Trump so hart kritisieren. Verantwortlich dafür ist diese extreme parteipolitische Polarisierung, die wir aus den USA schon seit längerer Zeit kennen. Worüber Trump sich jedoch wirklich Sorgen machen sollte, sind die Reaktionen aus dem republikanischen Lager und aus dem rechten Medienspektrum. Auch von dieser Seite wird er massiv kritisiert.

Es wäre ein schwacher, devoter Auftritt gewesen, hiess es da. So trete man als US-Präsident nicht auf. Bisher hat er immer andere Staatsleute kritisiert. Neben Putin hat er gewirkt wie ein kleiner Schuljunge. Das wurde als Schwäche interpretiert und da gehen jetzt die Diskussionen los, warum er so defensiv war und warum er nicht die amerikanischen Interessen vertreten hat. Das muss er wohl in den nächsten Tagen noch erklären.

Für Kritik gesorgt hat vor allem Trumps Aussage, er habe keinen Anlass, an Putins Worten bezüglich Einmischung in den amerikanischen Wahlkampf zu zweifeln. Auch aus dem Publikum kam immer wieder der Vorwurf, die Untersuchungen zu Russland seien eine Hexenjagd. Ist das nicht auch sehr inkonsequent, gegen den Präsidenten zu schiessen, wenn er diese Haltung auf dem internationalen Parkett vertritt?

Man muss hier zwei Aspekte unterscheiden. In der amerikanischen innenpolitischen Debatte geht es um die Frage, ob es eine Zusammenarbeit zwischen dem Trump-Wahlkampfteam und Russland gegeben hat, um systematisch die Wahl zu beeinflussen. Eine Kooperation zwischen Trumps Wahlkampfteam und Russland ist nicht bewiesen. Bewiesen ist lediglich, dass es generell ein Einwirken Russlands auf den Wahlkampf gegeben hat.

Das ist das Argument der Republikaner: Sie sagen, eine Einmischung gab es, aber nicht mit Kooperation von Trump. Dass Trump nichts von einer Einmischung gewusst haben könnte, wird ihm wiederum als Schwäche ausgelegt.

Und es gibt ja auch einige Indizien, die belegen, dass Russland weitermacht und auch versucht bei den Zwischenwahlen im November durch soziale Medien durch andere Mechanismen in diese Wahl einzugreifen. Dann muss er sich seiner Partei stellen und erklären, warum er das nicht aufs Tablett gebracht hat. Seine Mitarbeiter haben Trump vor dem Treffen ein Dossier vorgelegt, wo das alles haarklein aufgezeigt worden ist. Er hat diese Informationen nicht genutzt, um Putin zu sagen, hier ist eine Grenze überschritten worden.

Indem er diese Argumentationslinie verlassen hat – russische Einmischung Ja, Zusammenarbeit Nein – hat Trump auch aus republikanischer Sicht eine rote Linie überschritten.

Es ist inzwischen eine ganz klare Position innerhalb der republikanischen Partei: Russland hat in diesem Wahlkampf versucht, den Ausgang zu beeinflussen nicht unbedingt mit der Idee, dass Trump gewinnen soll, sondern dass die Polarisierung weiter steigt. Die Unzufriedenheit der Leute mit der Politik sollte grösser werden.

Wenn der Präsident sich jetzt hinstellt und sagt, das ist alles nur eine Hexenjagd, ein Angriff auf mich und man will mir meinen Wahlsieg kleinreden, dann wird das auch von den Republikanern nicht mehr unterstützt. Da muss er jetzt auch Erklärungsarbeit leisten, warum er hier die Russen nicht zur Verantwortung zieht und sich stattdessen Fussbälle schenken lässt.

Was den Auftritt in Helsinki angeht: Trump hält dieser Kritik entgegen und sagt, ein produktiver Dialog sei nicht nur gut für die USA und Russland, sondern auch für die Welt. Wie erfolgreich kann diese Verteidigungsstrategie sein?

Trump führte bereits bei den Gesprächen mit Nordkorea diese Argumentationslinie ins Feld. Das wird auch von niemandem kritisiert. Es ist nur die Frage, unter welchen Bedingungen man diese Gespräche führt und welche Zwecke sie haben. Trump geht einfach unvorbereitet in diese Gespräche rein und es sind Privatgespräche am Anfang, ohne irgendwelche Experten. Das ist neu.

Normalerweise gibt es auf dem internationalen Parkett immer ein grosses Expertengremium, welches die Gespräche vorbereitet und unterstützt. Das macht auch Sinn, weil hier die Leute sprechen, die vom Thema eine Ahnung haben. Trump bleibt bislang den Beweis schuldig, dass er mit dieser neuen Art des Regierens auf der internationalen Ebene etwas erreichen kann. Er hat bislang noch nichts erreicht mit Nordkorea – im Gegenteil: Die USA haben Positionen aufgegeben, ohne dafür Gegenleistungen zu bekommen. Das Treffen mit Putin war auch nur eine Bühne, die Trump geboten hat, um Russland wieder als politische Supermacht zu positionieren. Auch davon haben die USA nichts.

Das Gespräch führte Hanna Jordi.

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