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Bereits vor Corona-Krise Russlands Wirtschaft am Boden

Die schwere Krise ereilte die russische Wirtschaft, noch bevor das Coronavirus das Gesundheitswesen an die Grenzen seiner Kapazität brachte. Innerhalb weniger Wochen verlor die russische Währung fast ein Drittel ihres Wertes gegenüber dem US-Dollar. Damit hat der Rubel eine Talfahrt hingelegt wie seit Jahren nicht mehr.

Bedrohung für ganze Branchen

Die Probleme nahmen ursprünglich ihren Lauf nach einem Streit mit Saudi-Arabien um den Öl-Preis Anfang März. Mit der weltweit wachsenden Corona-Krise schlitterte die russische Wirtschaft in eine desaströse Abwärtsspirale. Finanzminister Anton Siluanow bezifferte den Einnahmeverlust im Öl- und Gasgeschäft auf satte 3000 Milliarden Rubel. Dies entspricht umgerechnet rund 36 Milliarden Schweizer Franken. Noch am selben Tag sicherte der Finanzminister vergangene Woche der Wirtschaft finanzielle Unterstützung zu, um das Ende ganzer Branchen zu verhindern.

Diese Massnahmen kommen jedoch nur einem kleinen Kreis von Firmen zugute, sagt der Ökonom und Unternehmer Dmitri Potapenko: «Kleine und mittelständige Unternehmen werden in den kommenden zwei bis drei Monaten einfach aussterben. Viele hatten bereits jetzt zu kämpfen. Alle diese sogenannten Massnahmen werden nicht helfen. Man müsste alle Steuern bis und mit Juli einfach erlassen für klein- und mittelständige Unternehmen.»

Das Schweigen des Präsidenten

Präsident Wladimir Putin hat sich bisher nicht mit einer Rede an die Bevölkerung gewandt. Dies hat er laut seinem Sprecher, Dmitri Peskow, auch demnächst nicht vor zu tun. Zur Verbreitung des Coronavirus im Land sagte Putin vergangene Woche: «Angesichts des grossen Risikos haben wir die Situation insgesamt unter Kontrolle. Dazu sind unser Gesundheitssystem, die Grenzkontrolle und weitere Dienste im Einsatz.» Während Präsident Putin sich in Schweigen hüllt, nimmt der wirtschaftliche Abschwung dramatische Ausmasse an. Das ist für die Menschen in Russland im Alltag unmittelbar spürbar.

Gastronomie kämpft ums Überleben

Restaurants müssen aufgrund fehlender Kundschaft reihenweise schliessen, Preise für Taxifahrten sind im Keller und kleine Cafés versuchen, mit Spendenaktionen den eigenen Konkurs noch abzuwenden. Mit staatlicher Unterstützung können die kleinen und mittelgrossen Betriebe nicht rechnen. In den Lokalen, die noch geöffnet haben, kann man dem Personal dabei zusehen, wie sie mit Schutzhandschuhen die Menükarten mit Desinfektionsmittel putzen. Trotz diesen Anstrengungen kommen kaum Gäste vorbei, schildert Restaurantmanager Alexander Ledeschkow gegenüber SRF: «Unsere Mitarbeiter tragen bis jetzt zwar noch keine Schutzmasken. Wir versuchen aber, alle anderen möglichen Massnahmen umzusetzen. Das geht hin bis zu ultraviolettem Licht in der Küche.»

Leere Taschen selbst in Moskau

Dabei schätzt sich glücklich, wer im Moment noch zur Arbeit kann. «Ich wurde gefragt, ob ich heute nicht zu Hause bleiben könne. Ich sagte ja. Denn ich will ja nicht fürs Nichtstun Gehalt bekommen, ich will auch wirklich arbeiten», schildert Ullubij Tschopalajew, der in der Gastronomie arbeitet. Die finanziellen Sorgen spüren auch Musiker, die vom Verbot von Massenveranstaltungen nicht betroffen sind: «Die Menschen sind arm geworden. Selbst hier auf der Strasse geben sie dir selten Geld, wenn du spielst», sagt ein Strassenmusiker gegenüber SRF. Er plant jetzt in seine Heimat nach Sibirien zu fahren. Für weite Teile der russischen Wirtschaft scheint es bereits jetzt zu spät, einen Ausweg aus der Krise zu finden.

Luzia Tschirky

Russland-Korrespondentin

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Luzia Tschirky ist SRF-Korrespondentin für die Region Russland und die ehemalige UdSSR.

Tagesschau, 23.03.20, 19.30 Uhr

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