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Bergbau-Boom in England Es lockt das grosse Geld mit dem Lithium-Abbau in Cornwall

Lithium ist das Gold des Elektrozeitalters: Rund 50 Kilogramm davon stecken in jedem Elektroauto. Und die grosse Nachfrage löst nun einen Bergbau-Boom in Grossbritannien aus. Es geht um viel Geld.

Andrew Smith ist ein Zahlenmensch. Und er jongliert mit Nullen, dass es einem schwindlig wird: «20'000 Tonnen Lithium werden wir hier ab 2040 produzieren. Das reicht für 500'000 Fahrzeuge pro Jahr.» In einem atemlosen Stakkato nennt der gebürtige Australier weitere Zahlen, die deutlich machen, dass sein Bergbauunternehmen Grosses vorhat.

SRF-Korrespondent Michael Gerber lässt sich von British-Lithium-CEO Andrew Smith die Versuchsanlage erklären.
Legende: Andrew Smith, Geschäftsführer von British Lithium, erklärt SRF-Korrespondent Michael Gerber, wie die Versuchsanlage in Cornwall funktioniert. SRF

«Unsere Lithium-Produktionsanlage wird zwischen 12 und 14 Fussballfelder gross sein», blickt Smith bei einem Rundgang durch die Versuchsanlage in eine nicht allzu ferne Zukunft: «Die Anlage wird rund 500-mal so gross sein wie diese hier.»

Investition von rund 700 Millionen Euro

Die riesige Lithium-Verarbeitungsanlage soll in den Hügeln hinter Saint Austell entstehen, unter der Federführung des französischen Bergbaukonzerns Imerys, der dazu mit British Lithium zusammenspannt.

Lithium-Abbau im britischen Cornwall. Zu sehen sind Bagger bei der Arbeit.
Legende: Der Bergbau in Cornwall boomt dank des Lithium-Abbaus. SRF

«Wir werden bis zu 700 Millionen Euro investieren», sagt Andrew Smith, Geschäftsführer des Gemeinschafts­unternehmens. 12 Millionen sind bereits in eine Versuchsanlage geflossen, in der ein neues Verfahren entwickelt worden ist, «das elektromagnetisch funktioniert und ohne giftige Chemikalien auskommt». Smith will damit Bedenken von Umweltgruppen entkräften.

In den grossen Lithium-Abbaugebieten in Chile, Argentinien und Bolivien wird Lithium chemisch aus Sole-Gesteinsschichten gelöst und in Salzseen unter freiem Himmel getrocknet, was grosse Umweltschäden verursacht.

Kaolingruben werden wiederbelebt

Imerys besitzt 2200 Hektar Boden in Cornwall und ist seit Jahrzehnten im Südwesten Englands tätig. Sie betreibt dort mehrere Minen im Tagebau, in denen unter anderem Kaolin für die Porzellanherstellung abgebaut wird.

Nun will Imerys stillgelegte Kaolingruben bei Saint Austell wiederbeleben, weil dort Granitgestein mit einem hohen Lithium-Anteil lagert. Um ein Kilogramm Lithium zu gewinnen, müssen 1000 kg lithiumhaltiger Granit aus dem Berg gebrochen, zerkleinert und elektromagnetisch bearbeitet werden.

Grossprojekt mit Chancen und Risiken

Die Pläne wecken in Cornwall Hoffnungen auf eine neue Blüte. Hier wird seit über 4000 Jahren Bergbau betrieben. Es begann in der Bronzezeit – mit dem Abbau von Zinn. «Der Lithium-Abbau ist ein logischer Schritt», begrüsst Regionalrätin Loveday Jenkin die Pläne.

Sie politisiert links der Mitte in der Partei Mebyon Kernow, die regionale Autonomie fordert. «Am besten wäre es aber, wenn das Lithium in Cornwall zu Batterien verarbeitet würde, statt es weit weg zu verfrachten und später in teuren Autos wieder zurückkaufen zu müssen.»

Wie viel lässt sich mit Lithium verdienen?

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Lithium sieht aus wie Kristallzucker und ist das Gold des Elektrozeitalters.
Legende: Lithium sieht aus wie Kristallzucker und gilt als das Gold des Elektrozeitalters. SRF

Eine Tonne Lithiumcarbonat wird Anfang März 2024 für knapp 13‘000 Franken gehandelt, Tendenz leicht steigend. In den letzten fünf Jahren ging der Lithiumpreis durch die Decke, angeheizt durch den stark wachsenden Bedarf an Lithium für die Produktion von Batterien für Elektrofahrzeuge.

Der bisherige Höchstpreis wurde Anfang November 2022 verzeichnet: Eine Tonne batteriefähiges Lithiumcarbonat kostete damals rund 75‘000 Franken – und damit fast sechsmal so viel wie aktuell, wie der Handelsplattform traidingeconomics.com zu entnehmen ist.

Die Produktionskosten pro Tonne Lithiumcarbonat hängen stark davon ab, ob das Lithium aus solehaltigen Schichten aus dem Boden hochgepumpt und in Salzseen getrocknet wird – oder ob es aus festem Gestein herausgebrochen wird, wie dies in Cornwall geplant ist.

Gemäss der New Yorker Rating-Plattform S&P Global kostet die Lithium-Gewinnung aus Gestein nicht einmal halb so viel wie jene aus Sole, nämlich rund 2200 Franken pro Tonne . Das ergab eine Marktstudie von 2019, bei der S&P Global die Kosten von 11 Gestein verarbeitenden Produktionsstätten mit 9 Sole-Produktionsstätten verglichen hat.

Über den Daumen gepeilt könnte Imerys British Lithium in Cornwall jährlich eine schöne Summe Geld verdienen: Die angestrebte Jahresproduktion von 21‘000 Tonnen Lithiumcarbonat hätte gegenwärtig einen Marktwert von rund 273 Millionen Franken. Abzüglich der von S&P Global errechneten Produktionskosten von rund 47 Millionen ergäbe dies mehr als 200 Millionen Franken, Amortisationskosten sowie Steuern nicht eingerechnet.

Umweltgruppen hingegen sehen Risiken: «Wir wissen noch zu wenig darüber, wo das Gestein deponiert werden soll und welche Auswirkungen dies auf die Umwelt haben wird», sagt Nichola Andersen vom Klima-Netzwerk Cornwall. Sie befürchtet viele Lastwagenfahrten und Abgase, die dem Klima schaden würden und verlangt eine transparente Information der lokalen Bevölkerung.

Firmenchef Andrew Smith will dem Rechnung tragen. Er plant in den nächsten Wochen Informationsnachmittage in verschiedenen Ortschaften und verspricht: «Wir werden die Lithium-Fabrik mit erneuerbarem Strom betreiben, was die CO₂-Emissionen senkt. Und da wir keine giftigen Chemikalien einsetzen, können wir das übrig gebliebene Gestein vor Ort deponieren. Wir werden die aufgefüllten Gruben renaturieren.»

10 vor 10 , 16.4.2024, 21:50 Uhr

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