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Besuch bei Macron Syriens Übergangspräsident erstmals in Europa

Ahmed al-Scharaa sucht Unterstützung für die Aufhebung der Sanktionen. Und Macron möchte mehr Einfluss in Nahost.

Darum geht es: Der syrische Präsident Ahmed al-Scharaa besucht Paris. Es ist seine erste Reise nach Europa seit dem Sturz von Baschar al-Assad im Dezember. Al-Scharaa trifft in Paris Präsident Emmanuel Macron zu Gesprächen. Dabei geht es laut französischen Regierungskreisen um Sicherheitsfragen, aber auch um die Wirtschaft sowie den Schutz von Minderheiten in Syrien.

Emmanuel Macron geht es auch um den geopolitischen Einfluss im Nahen Osten.
Autor: Zoe Geissler Frankreich-Korrespondentin von Radio SRF

Das will Paris: Es gehe keineswegs darum, al-Scharaa einen Blankoscheck auszustellen. «Wir beurteilen ihn nach seinen Taten», sagte Frankreichs Aussenminister Jean-Noël Barrot. Frankreich wolle sicherstellen, dass Syrien sich auf den Kampf gegen die Straflosigkeit konzentriere, um die sektiererische Gewalt einzudämmen. Auch die Bekämpfung der Terroristen des IS dürfe auf keinen Fall vernachlässigt werden.

Der Einfluss Frankreichs: «Emmanuel Macron geht es auch um den geopolitischen Einfluss im Nahen Osten», sagt SRF-Frankreichkorrespondentin Zoe Geissler. So betreibe Frankreichs Präsident in den letzten Monaten eine offensivere Diplomatie als zuvor. Und nicht zuletzt gehe es Macron um Sicherheitsaspekte: Stichwort Migration und Terrorismus.

Darum Frankreich: Paris unterstützt eine weitgehend säkulare Exilopposition in Frankreich sowie die kurdischen Kräfte im Nordosten Syriens, wo es bereits über Spezialkräfte verfügt. So übernahm Frankreich in den letzten Monaten eine Vermittlerrolle zwischen al-Scharaa und den Kurden. Dies, als die USA ihre Präsenz in der Region verringerten und der neue syrische Führer versuchte, das Gebiet wieder unter die zentrale Kontrolle von Damaskus zu bringen.

Die Türkei, Saudi-Arabien und Katar haben sich bereits positioniert – jetzt will auch Frankreich nicht hintanstehen.
Autor: Thomas Gutersohn Nahost-Korrespondent von Radio SRF

Syrien braucht Geld: Der Wiederaufbau Syriens wird laut der Weltbank mehr als 250 Milliarden Dollar kosten. Und so braucht die neue syrische Regierung dringend Sanktionserleichterungen, um die von 14 Jahren Bürgerkrieg geschundene Wirtschaft wieder anzukurbeln. Noch immer gelten gegen Syrien unterschiedlich harte Sanktionen der USA, der EU oder Grossbritanniens. Ausserdem ist der Empfang in Paris wichtig für al-Scharaas Imagepflege im eigenen Land.

Das kann al-Scharaa bieten: Angesichts des immensen Bedarfs an Wiederaufbau in Syrien hoffe Frankreich auf Aufträge zum Bau von Infrastruktur wie Spitälern, Brücken oder Energiekraftwerken, sagt SRF-Nahostkorrespondent Thomas Gutersohn. «Die Türkei, Saudi-Arabien und Katar haben sich bereits positioniert – jetzt will auch Frankreich nicht hintanstehen.»

Es gibt auch Kritik: In Frankreich komme al-Scharaas Besuch nicht überall gut an, betont Frankreich-Korrespondentin Geissler. Noch sei nicht wirklich klar, ob man al-Scharaa tatsächlich trauen könne, was seine Pläne mit Syrien angeht. «Macron lehnt sich mit dem Empfang also auch in gewisser Weise aus dem Fenster.» Kritik komme vor allem von rechts, wo man dem ehemaligen Dschihadisten al-Scharaa nicht über den Weg traue, so Geissler.

Rendez-vous, 7.5.2025, 12:30 Uhr ; 

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