Seit dem Militärputsch am 1. Februar im Burma geht die Armee immer gewaltsamer gegen die eigene Bevölkerung vor. Vor einer Woche begann die burmesische Luftwaffe, Dörfer im Gliedstaat der ethnischen Minderheit der Karen im Südosten des Landes an der Grenze zu Thailand zu bombardieren. Seither sind Tausende aus ihren Dörfern geflohen.
Bilder und Videoclips der Organisation Free Burma Rangers zeigen, unter welchen Umständen die Bevölkerung im Moment lebt. Diese Zeugnisse wurden in den vergangenen Tagen von den freiwilligen Helfern der Organisation aufgenommen.
«Tote und Verletzte nach Bombardierung»
Der US-Amerikaner David Eubank hat die Hilfsorganisation vor mehr als zwanzig Jahren gegründet und befindet sich zurzeit selbst im burmesischen Gliedstaat der ethnischen Minderheit der Karen: «Die Situation hier ist so schlimm wie seit Jahren nicht mehr. Die Luftwaffe bombardierte zum ersten Mal nach zwanzig Jahren die Dörfer. Mehrere Karen wurden getötet und verletzt, Dörfer zerstört und schätzungsweise 20'000 Karen sind geflohen.»
Free Burma Rangers hat in den vergangenen zwanzig Jahren 100 Notfallteams mit Sanitätern ausgebildet, die nun überall im Land Hilfe leisten. Nach den Luftangriffen flohen ungefähr 3000 Karen über die Grenze nach Thailand. Die meisten von ihnen wurden nach einer Nacht in Sicherheit von der thailändischen Armee nach Burma zurückgedrängt.
Nur versprochener Waffenstillstand
Anfang April verkündete der burmesische Putschgeneral Min Aung Hlaing einen vierwöchigen Waffenstillstand seitens der Armee, um mit den bewaffneten Gruppierungen der ethnischen Minderheiten zu verhandeln.
Von Waffenruhe könne jedoch keine Rede sein, sagt Eubank: «Noch am Tag der Ankündigung bombardierte die Luftwaffe verschiedene Distrikte im Gliedstaat Karen. Auch die Bodentruppen rücken weiter vor. Es gibt keinen Waffenstillstand. Stattdessen will die Armee die ethnischen Minderheiten vernichten und sich ihre Gebiete und ihre Bodenschätze aneignen.»
Ähnliches hört man aus dem Gliedstaat Kachin im Norden Burmas, wo die Armee seit Jahrzehnten gegen die ethnische Minderheit der Kachin kämpft. Auch dort wird nun täglich gekämpft. Zu den ungefähr 100'000 Zivilisten, die dort in den vergangenen Jahren vertrieben wurden und bereits in Lagern leben, kommen nun weitere Tausende dazu.
Keine Ernte möglich
Die Vertriebenen würden nun in Höhlen und im Wald Schutz vor den Bomben suchen, sagt Eubank: «Sie konnten nur wenige Lebensmittel mitnehmen. Manche schleichen in der Nacht zurück in die Dörfer, um etwas Essen zu holen. Sie alle sorgen sich um die Tiere, die sie zurücklassen mussten und dass sie nun den Reis nicht anpflanzen und später nicht ernten können.»
Halten die brutalen Angriffe der burmesischen Armee auf die eigene Bevölkerung an, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis Tausende von Flüchtlingen im Nachbarland Thailand Schutz suchen werden.