- Zum Auftakt einer Reise durch das britische Nordirland ist Premierminister Boris Johnson auch dort auf Kritik gestossen.
- Nach einem Abendessen mit Vertretern der nordirisch-protestantischen DUP wurde dem Regierungschef in Belfast vorgeworfen, nicht objektiv zu sein.
- Die DUP stützt die Minderheitsregierung der Konservativen in London.
Johnson wies die Vorwürfe in Belfast zurück: Er wolle Gespräche mit fünf Parteien führen, damit endlich wieder eine Regionalregierung in Nordirland installiert werden könne. «Die Menschen in Nordirland sind nun schon seit zweieinhalb Jahren ohne Regierung.»
DUP-Chefin Arlene Foster berichtete dem Sender BBC, dass sie und Johnson bei dem Abendessen über den Brexit gesprochen hätten. Beide wollten einen EU-Austritt mit Abkommen, aber «ein No Deal ist auf dem Tisch, weil wir eine sehr streitlustige EU haben.»
Demonstranten fordern Verbleib in der EU
Andere Parteien und Demonstranten verurteilten in Belfast vor allem die Risiken eines Brexits ohne Abkommen, mit dem Johnson der Europäischen Union immer wieder droht.
Ein No Deal wäre eine «Katastrophe» für Wirtschaft, Gesellschaft und den Friedensprozess, sagte die Chefin der republikanischen Partei Sinn Fein, Mary Lou McDonald. Auch Demonstranten stellten in Belfast klar: «Wir werden nicht zulassen, dass das passiert.»
Zentraler Streitpunkt ist die Grenze zu Irland
Grosser Streitpunkt beim Brexit ist der Backstop, den Johnsons Vorgängerin Theresa May und Brüssel vereinbart hatten. Die Garantieklausel soll eine harte Grenze mit Kontrollen in der Region verhindern. Johnson lehnt den Backstop aber als «Instrument der Einkerkerung» ab; er fürchtet eine zu enge Anbindung an die EU.
Die Aussicht auf eine Rückkehr zu einer kontrollierten Grenze zu Irland schürt bei vielen die Angst vor neuen Spannungen in der Region. Mehr als 3600 Menschen kamen im Nordirland-Konflikt von 1968 bis 1994 ums Leben. Damals kämpften pro-irische Katholiken unter Führung der Untergrundorganisation IRA gegen protestantische, pro-britische Loyalisten. Im Kern ging es darum, ob der zu Grossbritannien gehörige Nordteil Irlands wieder mit der Republik im Süden vereinigt werden soll.