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Brexit-Strategie Britische Wünsche stellen Prinzipien der EU auf die Probe

Endlich kommt Licht ins Post-Brexit-Dunkel, plötzlich sind die Brexit-Verhandlungen wieder spannend. Kommende Woche will die britische Regierung eine detaillierte Wunschliste für die Zeit nach dem Austritt aus der EU veröffentlichen. Und bereits ist ein dreiseitiges Positionsdokument mit den Eckpunkten bekannt geworden.

Die Vorschläge stossen in Brüssel insofern auf ein positives Echo, als dass jetzt etwas Konkretes auf dem Tisch liegt. Der nächste Verhandlungspoker kann beginnen.

Die Briten möchten mit der EU in einer Freihandelszone verbunden bleiben. Sie wollen mit den verbleibenden EU-Staaten weiter ohne Zölle und ohne bürokratische Hürden Warenhandel treiben. Die britisch-europäische Freihandelszone würde Konsum- und Industriegüter ebenso umfassen wie Landwirtschaftsprodukte: freier Handel mit Autos, Werkzeugmaschinen und Käse.

Keinerlei Warenkontrollen an der Grenze zur EU

So weit, so gut für die EU. Exportfirmen in Deutschland, Frankreich oder den Niederlanden würden davon als Erste profitieren.

Die Briten wollen aber noch weitergehen: Sie fordern, dass es auch nach dem Austritt ihres Landes keinerlei Warenkontrollen an der Grenze zur EU geben soll. Also auch nicht für Waren, die von ausserhalb – zum Beispiel aus China oder den USA – in die Freihandelszone eingeführt wurden.

Kurzum, die Briten fordern ein Modell, das in dieser Form nirgendwo auf der Welt existiert. Ein Modell, das für die Praxis erst noch erfunden werden muss. Dies dürfte ein erster Knackpunkt sein.

Eine Insel, möglichst eigenständig

Beim Warenhandel will das Vereinigte Königreich also Teil des EU-Markts bleiben, doch ganz anders sieht es bei den drei anderen wirtschaftlichen Freiheiten aus: beim Handel mit Dienstleistungen, beim Kapitalverkehr und bei der Personenfreizügigkeit.

In diesen Feldern wollen die Briten politisch werden, was sie geografisch schon sind: eine Insel, möglichst eigenständig. Konkret hiesse das: Grossbritannien würde zum Beispiel den Handel mit Bankdienstleistungen oder die Einwanderung aus den EU-Staaten wieder selber kontrollieren, ohne Teil des EU-Markts zu sein.

Vorwurf der Rosinenpickerei

Einflussreiche EU-Politiker wie Elmar Brok, CDU-Abgeordneter im EU-Parlament, haben die britische Post-Brexit-Vision bereits kritisiert. Der Vorwurf: Rosinenpickerei. Die Briten würden nur dort Zugang zum EU-Markt verlangen, wo sie sich Rosinen holen können.

Und genau das, die Rosinenpickerei, haben die Regierungen der 27 verbleibenden EU-Staaten bisher immer einstimmig und kategorisch ausgeschlossen. Den Zugang zum EU-Markt gebe es nur ganz oder gar nicht. So steht es in den Verhandlungsrichtlinien, welche die EU27 bereits vor einem Jahr verabschiedet haben.

Doch die Frage wird sein, wie die EU «Rosinenpickerei» und «Marktzugang» in den Verhandlungen ganz genau definiert. Und wie hart sie verhandeln wird.

In den Verhandlungen über die Austrittsbedingungen ist es der Union gelungen, ihre Forderungen an die Briten weitgehend durchzusetzen. Die britische Premierministerin Theresa May ist immer wieder eingeknickt. Offen ist, ob es dabei bleiben wird.

Sicher ist: Ein No-Deal-Szenario wäre das schlechteste aller Szenarien, auch für die EU. Die europäischen Exporteure von Autos, Werkzeugmaschinen und Käse würden als Erste und massiv darunter leiden. Deshalb ist der Brexit plötzlich wieder spannend.

Sebastian Ramspeck

Sebastian Ramspeck

Internationaler Korrespondent

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Sebastian Ramspeck ist internationaler Korrespondent für SRF. Zuvor war er Korrespondent in Brüssel und arbeitete als Wirtschaftsreporter für das Nachrichtenmagazin «10vor10». Ramspeck studierte Internationale Beziehungen am Graduate Institute in Genf.

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