«Was ich hier vorschlage, ist unvereinbar mit der Zugehörigkeit zum Binnenmarkt.»
Vergangenen Januar hat Theresa May mit dieser Aussage ihre Idee eines Brexits auf den Punkt gebracht. Sie verkündete dies damals selbstbewusst und lächelnd. Die Welt und vor allem Europa sollte wissen: Wenn das Vereinigte Königreich aus der EU Austritt, dann richtig. Es soll ein «harter Brexit» werden.
Heute ist Theresa May das Lächeln vergangen, die Wahlschlappe wird sicher an ihrem Selbstbewusstsein gekratzt haben. Mays Partei, die Konservativen, haben ihr absolutes Mehr im Parlament verloren und brauchen jetzt die Rückendeckung anderer Parteien. Sonst kann es zu keinem innenpolitisch breit abgestützten Brexit kommen. Zum «harten Brexit» gesellt sich deshalb die Option eines «weichen Brexits». Wie aber unterscheiden sich die beiden Varianten voneinander?
Keine halben Sachen
Der «harte Brexit» will die komplette Loslösung von der EU. Dazu gehört der Austritt aus dem Europäischen Binnenmarkt. Das heisst grundsätzlich kein freier Handel und keine Personenfreizügigkeit mehr mit den EU-Mitgliedern. Leben und arbeiten könnte im Vereinigten Königreich nur noch, wer eine entsprechende Erlaubnis hat. Zusätzlich zum Binnenmarkt würden die Briten auch aus der Zollunion austreten.
Die Komplette Isolation will die Premierministerin aber natürlich nicht. So sagte sie in ihrer Rede vom Januar, dass qualifizierte Arbeitskräfte weiterhin willkommen seien im Vereinigten Königreich. Ausserdem soll es ein neues Freihandelsabkommen mit der EU geben. Doch eine Teil-Mitgliedschaft ist in Mays Augen ausgeschlossen.
Schweizer Modell?
Genau diese Option kommt jetzt, nach der Wahlschlappe, jedoch wieder auf den Tisch. Der «weiche Brexit» würde bedeuten, dass das Vereinigte Königreich eine enge Anbindung an die EU anstrebt. Ähnlich wie dies die Schweiz hat. Die Grenzen für europäische Arbeitskräfte und Händler blieben offen und die Briten müssten gewisses EU-Recht übernehmen.
Zum «weichen Brexit» hat sich auch der Oppositions-Führer Jeremy Corbyn bekannt. Es dauerte zwar, bis er seine Vorstellung eines Brexits kundgab, doch im Wahlkampf bekannte er sich dazu, dass er die Briten nicht aus dem Binnenmarkt führen will. Ein «weicher Brexit» hätte unter Umständen also mehr Chancen, im Parlament durchzukommen. Auch das Londoner Bankenviertel und viele ausländische Investoren würden dieses Szenario begrüssen.
Egal welches Szenario: Es muss eine Lösung her. Und zwar schnell. Nach der Austritts-Klausel des Lissabon-Vertrags bleiben den Briten noch weniger als zwei Jahre, um ihr Verhältnis mit der EU zu klären. Diese Frist kann nur verlängert werden, wenn dies alle EU-Staaten so wollen.