Der «Ponte Morandi» in Genua steht für eines der grössten Unglücke in Italien der letzten Jahrzehnte. Am 14. August 2018 gegen Mittag stürzte die Autobahnbrücke bei strömendem Regen ein und riss 43 Menschen in den Tod. 400 wurden obdachlos.
Auch sieben Jahre nach der Katastrophe gibt es noch kein Urteil gegen Verantwortliche. Seit Dienstag sind nun aber die Strafanträge bekannt: So soll Giovanni Castellucci, der Chefmanager jener privaten Firma, die diese Brücke beim Einsturz betrieb, 18 Jahre und 6 Monate ins Gefängnis.
Es war der Konzern Autostrade per l'Italia, der mehrheitlich der Familie Benetton gehörte, der die Brücke damals betrieb. Und von allem Anfang an gab es den Verdacht, dass dieser Konzern die Hauptverantwortung trägt.
Nun wird bekannt: Die Staatsanwaltschaft in Genua nimmt mit Giovanni Castellucci allen voran jenen Mann ins Visier, der den Konzern Autostrade per l'Italia damals leitete. Der Manager habe vom schlechten Zustand der Morandi-Brücke gewusst und die kostspielige Sanierung aus purer Profitgier hinausgezögert.
Dieser Vorwurf wiegt schwer. Darum die Forderung nach der langen Haftstrafe. Die Verteidigung weist die Vorwürfe zurück und dürfte wohl Freisprüche für Castellucci und die anderen über 50 Angeklagten fordern. Unter ihnen sind weitere ehemalige Angestellte des privaten Autobahnbetreibers sowie Beamte des italienischen Verkehrsministeriums.
Angehörige der Opfer müssen lange warten
Sieben Jahre sind eine lange Zeit, vor allem für die Angehörigen der Opfer, die Gerechtigkeit fordern. Einige sagten nach dem Strafantrag, dass man den 43 Toten nun endlich Respekt zolle. Doch nach den Strafanträgen dürfte es nochmals Monate dauern, bis die Urteile folgen.
Und dann haben die Beschuldigten die Möglichkeit, zweimal in Berufung zu gehen. Bis rechtskräftige Urteile vorliegen, dürfte es also noch viele Jahre dauern. Schon betagte Angehörige der Todesopfer werden diesen Tag wohl kaum mehr erleben.
Zudem dürften gewisse Vergehen, die weniger schwer wiegen, bis dahin bereits verjährt sein. Die langfädige und komplizierte italienische Justiz fordert einmal mehr ihren Tribut.
Castellucci sitzt bereits andere Strafe ab
Einer aber ist schon hinter Gittern: Der heute 60-jährige Manager Castellucci sitzt bereits im Mailänder Gefängnis Opera ein. Er verbüsst dort eine andere Strafe für einen schweren Unfall bei Avellino in Süditalien, bei dem im Jahr 2013 vierzig Menschen ihr Leben verloren.
Damals durchbrach ein Bus eine Leitplanke – die vollkommen verrostet war – mitverantwortlich dafür war der Konzern Autostrade per l'Italia. Auf mildernde Umstände darf Castellucci also kaum hoffen.