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Budget fürs Jahr 2026 Putin rechnet offenbar mit einem langen Krieg

Das Budget für Russland sieht im nächsten Jahr einen leichten Rückgang bei den Verteidigungsausgaben vor – auch wenn die Ausgaben für den Krieg mit insgesamt knapp 40 Prozent immer noch bei Weitem den grössten Posten ausmachen. Wie das zu deuten ist, schätzt SRF-Korrespondent Calum MacKenzie ein.

Calum MacKenzie

Russland-Korrespondent

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Calum MacKenzie ist Russland-Korrespondent von Radio SRF. Er hat in Bern, Zürich und Moskau Osteuropa-Studien studiert.

Rechnet der Kreml mit einem Ende des Ukraine-Krieges?

Nein. Der Unterschied zum laufenden Jahr ist nicht sehr gross. Er lässt sich damit erklären, dass die russische Rüstungsindustrie an ihre Grenzen stösst. Viele grosse Projekte wie der Bau von Waffenfabriken sind abgeschlossen. Und neue werden keine gebaut, weil es dafür keine Arbeitskräfte gibt. Bei den Ausgaben für den Krieg im Allgemeinen gibt es denn auch keinen Rückgang im Budget – für den Posten «Sicherheit» etwa sind Mehrausgaben vorgesehen. Zudem sollen die Ausgaben im Rüstungssektor ab 2027 wieder steigen. Man kann also nicht sagen, dass der Kreml seine Kriegswirtschaft zurückfährt.

Wie finanziert der Kreml seine Rüstungsausgaben?

Die Steuereinnahmen sollen steigen. Dafür wird die Mehrwertsteuer erhöht, zudem werden Steuererleichterungen für Unternehmen ab einer gewissen Grösse aufgehoben. Das zeigt: Der Kreml stellt sich auf einen längeren Krieg ein. Denn wenn die massive Rüstungsproduktion nur noch ein oder zwei Jahre fortgesetzt würde, gäbe es andere Finanzierungsmöglichkeiten. Die Steuererhöhungen für die gesamte Bevölkerung sind ein umfassender, langfristiger Schritt. Und es ist einer, den Wladimir Putin in der Vergangenheit eigentlich ausgeschlossen hatte.

Wie kommt das in der Bevölkerung an?

Von Putins Sprecher hiess es, die Regierung habe viel Unterstützung im Volk. Deshalb sei es sicher bereit, in diesen schwierigen Kriegszeiten etwas mehr beizutragen. Umfragen zeigen, dass die meisten Kriegsbefürworter zur Mittelschicht gehören. Es sind also eher wohlhabende Leute, die die Folgen des Kriegs bislang noch kaum gespürt haben. Diese wird nun die Streichung der Steuervergünstigungen für grössere KMU am härtesten treffen. Und da gibt es durchaus Unmut. Ob dieser aber in Kritik umschlägt, ist eine andere Frage.

Wie stabil ist die russische Wirtschaft ohne den Rüstungssektor?

Der Krieg und die Sanktionen setzen der russischen Wirtschaft zu. Bislang konnte der Kreml dies mit den Einnahmen aus Öl- und Gasverkäufen sowie der Auflösung von Reserven abfedern. Jetzt aber sinken die Energie-Einnahmen, und die Reserven sind zur Hälfte aufgebraucht. Mit der Steuererhöhung will man nun die eigene Wirtschaft schröpfen und gleichzeitig die Inflation bremsen. Die Inflation ist aber immer noch hoch und die Privatwirtschaft wächst schon lange nicht mehr – falls sie nicht sogar schon in einer Rezession ist. Und so zeigt das Budget für 2026 vor allem, dass der Kreml laufend improvisieren muss, um die Wirtschaft stabil zu halten. Und mit neuen Lösungen entstehen meist auch neue Probleme.

Überlegt sich der Kreml auch, wie er wieder aus der Kriegswirtschaft herauskommt?

Dafür gibt es im Budget keine Anzeichen. Und die Rhetorik aus dem Kreml deutet darauf hin, dass sich Putin auf eine Konfrontation mit Europa einstellt. Klar ist: Je stärker der Privatsektor schrumpft, desto staatstragender wird die Rüstungsindustrie. Manche Fachleute glauben, dass Russland nur nach einer grösseren Wirtschaftskrise zu einer normalen Volkswirtschaft zurückkehren kann.

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Echo der Zeit, 16.10.2025, 18 Uhr ; 

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