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Eliza Vitri Handayani – die Aufmüpfige
Aus Rendez-vous vom 31.10.2019. Bild: SRF. Karin Wenger
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Bücherverbote in Indonesien Ein bedrucktes Ballkleid gegen die Zensur

Der konservative Islam ist auf dem Vormarsch. Das spüren vor allem Autorinnen wie Eliza Vitri Handayani. Sie weiss sich zu helfen.

Selbst das Kleid, das Eliza Vitri Handayani trägt, zeugt von einem rebellischen Geist. Es ist lang wie ein Ballkleid, aber bedruckt mit Zitaten – wie jenem der Autorin Virginia Woolf, die schrieb: «Schliesst die Bibliotheken ab, wenn ihr wollt, aber es gibt kein Schloss, um meine Gedanken einzusperren.»

Das sei ihr Anti-Zensur-Kleid, sagt die Schriftstellerin. «Ich habe darauf Zitate meiner Lieblingsbücher gedruckt, die hier in Indonesien verboten oder kritisiert wurden. Mode ist für mich eine Möglichkeit, um Geschichten zu erzählen, die die Verleger nicht drucken wollen oder die verboten wurden.»

Der Stoff ist bedruckt mit Zitaten aus verbotenen Büchern.
Legende: Der Stoff von Handayanis Kleid ist bedruckt mit Zitaten aus verbotenen Büchern. SRF/Karin Wenger

Am balinesischen Ubud-Literaturfestival vor vier Jahren verbot die Polizei auch die Präsentation von Handayanis jüngstem Werk mit dem Titel «Von jetzt an wird alles anders». Es sei zu politisch, zu riskant, so die Begründung. Handayani druckte das Buch kurzerhand auf Kleider, die sie am Festival trug.

Saudis bauen Moscheen und Schulen

Die 37-jährige Autorin sagt, nach dem Fall von Diktator Suharto 1998 habe ihre Generation zwar auf einen Schlag mehr Freiheiten gewonnen, doch diese Freiheiten seien nun wieder in Gefahr. Denn dank der Öffnung des Landes gewann Saudi-Arabien zunehmend an Einfluss in Indonesien. Mit saudischem Geld wurden Moscheen und Koranschulen gebaut, in denen die intolerante Staatsreligion Saudi-Arabiens, der Wahhabismus, verbreitet wurde.

Islamistische Gruppierungen hätten heute grossen Einfluss in der Gesellschaft, der Politik und selbst in ihrer Familie, sagt Handayani. «Heute trägt fast jede Frau in meiner Familie ein Kopftuch.» Mit dem Kopftuch komme oft eine konservative Haltung. Sie werde gefragt: «Wieso hörst du nicht auf zu arbeiten? Wieso trägst du kein Kopftuch?» Handayani aber weigert sich, in ein konservatives Korsett gedrängt zu werden. Sie trägt ihr langes Haar offen.

Schon als Kind kletterte sie lieber auf Bäume als zu Hause zu bleiben, wie das ihre Eltern von ihr verlangten. Mit 14 Jahren verliess sie ihre Familie und trat in ein Internat ein. Später lebte und studierte sie mehrere Jahre in den USA.

Andere Interpretationen des Korans

Heute ist sie nicht nur Autorin, sondern auch Gründerin verschiedener Projekte. In einem Kulturprojekt hat sie Opfern von sexuellem Missbrauch – Opfer wie sie selbst – einen Raum geboten, um ihre Geschichten durch Kunst und Literatur zum Ausdruck zu bringen. Mit einer anderen Initiative versucht sie, dem zunehmenden Einfluss der Islamisten im Land entgegenzuwirken.

Einmal im Monat trifft sie sich mit Freunden, um andere, weniger konservative Interpretationen des Korans zu diskutieren. «Wir hören stets von einem furchteinflössenden, limitierenden und sexistischen Islam. Doch es sind viele Interpretationen möglich. Wir suchen die, die uns freier und stärker machen.»

Wir, die noch Freiheiten haben, müssen jene Gesellschaft verkörpern, in der wir leben wollen.
Autor: Eliza Vitri Handayani Indonesische Schriftstellerin

Diese anderen Interpretationen öffentlich zu äussern, ist in Indonesien nicht ungefährlich. Doch sie sagt: «Trotz aller Herausforderungen, trotz der Angst dürfen wir uns nicht selbst zensurieren. Denn wenn wir das tun, verkleinern wir unsere eigene Welt und verbreiten die Angst. Wir aber, die noch Freiheiten haben, müssen jene Gesellschaft verkörpern, in der wir leben wollen.»

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